"Horror-Haus" von Höxter: Polizei sucht weitere Opfer

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Ein Paar soll mehrere Frauen misshandelt haben, zwei davon sind tot. Die Polizei sucht noch nach weiteren Opfern.

Berlin. Einen griffigen Namen gibt es schon – vom „Horror-Haus“ ist die Rede, wenn es um die Vorfälle geht, die sich in Höxter im Bundesland Nordrhein-Westfalen zugetragen haben. Und wenn es nach der Polizei geht, könnte das noch mehr sein, als man bisher schon weiß. Ein Paar soll demnach zwei Frauen gefangen gehalten und derart misshandelt haben, dass sie gestorben sind. „Das waren Abgründe, die sich da auftaten“, sagte Ralf Östermann, Leiter der für den Fall eingesetzten Mordkommission, als am Dienstagvormittag neue Erkenntnisse präsentiert wurden.

Das Paar soll 2014 die 33-jährige Annika W. aus Niedersachsen, die nach ihrem Martyrium im Haus gestorben war, zerstückelt und im Kamin verbrannt haben. Die Asche sollen sie danach in der Umgebung verstreut haben. Das habe die 47-jährige Verdächtige gestanden, während ihr 46-jähriger Partner eine Schuld bestreitet. Die Polizei war vergangene Woche auf die beiden aufmerksam geworden, nachdem sie eine Autopanne hatten – und im Wagen die 41-jährige Susanne F. gefunden wurde. Weil sie in einem desolaten Zustand war, wurde sie ins Spital gebracht, wo sie wenig später starb. An ihrem Körper wurden schließlich Spuren von Misshandlungen gefunden.

Im Lauf der Ermittlungen weitete sich der Fall aus. Erst die tote Susanne F., dann das Geständnis, dass es mit Annika W. ein weiteres Opfer gibt. Über Kontaktanzeigen hatte das Paar sie angelockt und danach im Haus misshandelt. Auf ungeheiztem Boden hätten sie schlafen müssen, an Heizungsrohre seien sie gekettet worden – und büschelweise seien ihnen Haare ausgerissen worden.

Ein weiteres Opfer berichtet

Was die Ermittler nicht bestätigen können, ist ein Vorsatz, die Frauen zu töten. Allerdings: „Sie haben es billigend in Kauf genommen“, sagte Östermann. Schließlich fanden sich auch Hinweise, dass es neben den beiden noch weitere Opfer gegeben haben könnte, die aber überlebt haben – die Rede ist von drei bis vier weiteren Fällen. Konkret bekannt ist jener einer Frau aus der Umgebung von Berlin – sie habe sich gemeldet, als sie in der Berichterstattung das Haus wiedererkannt habe. Ihre Peiniger sollen sie zum Bahnhof nach Braunschweig gebracht und in einen Zug nach Hause gesetzt haben. Sie wurde am Dienstag von der Polizei vernommen. Parallel durchsucht die Polizei das Haus nach Spuren möglicher weiterer Opfer.

Bekannt wurde am Dienstag auch, dass das Paar die Mutter der 2014 gestorbenen Frau im Glauben ließen, ihre Tochter sei am Leben. Vom Handy des Opfers aus schickten sie SMS, in denen der Eindruck vermittelt wurde, dass es der Frau gut gehe. Erst durch einen Anruf der Polizei habe die Frau vom Tod ihrer Tochter erfahren.

Noch nicht eindeutig geklärt ist, welches Motiv das Paar hatte, die Frauen gefangen zu halten und derart zu quälen. Es soll aber eher „im Bereich der Machtausübung gelegen haben“, nicht im sexuellen Bereich. Der 46-jährige Mann ist bereits einschlägig vorbestraft: Wie die Polizei am Dienstag berichtet hat, sei er 1995 zu zwei Jahren und neun Monaten Haft verurteilt worden, weil er seine damalige erste Ehefrau misshandelt hat.

Die Ermittlungen sollen sich zumindest über die nächsten zwei Wochen ziehen. Für Zeugen oder weitere Opfer wurde eine Hotline eingerichtet. Was die Menschen in der Umgebung von den Vorgängen wussten, wird wohl auch noch geklärt werden – denn der Polizei zufolge soll das Paar mit seinen Opfern auch ganz offen im Ort unterwegs gewesen sein. (eko/red.)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.05.2016)

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