Die Küche mit Weltkulturerbe-Status

Französische Küche
Französische Küche(c) ORF (Peter Klotz)
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Frankreichs Küche ist Teil des Nationalstolzes – und seit 2010 Weltkulturerbe. Damit das weiterhin so bleibt, hat sich die französische Küche in jüngster Zeit gewandelt.

Wir haben die beste Küche der Welt – zumindest in unseren Augen“, sagte der damalige französische Präsident Nicolas Sarkozy im Jahr 2008, als sich Frankreich bei der Unesco um den Weltkulturerbe-Status für ebendiese bewarb. Zwei Jahre später wurde die französische Küche, als erste und nach wie vor einzige Landesküche, in die Liste der immateriellen Kulturgüter aufgenommen.

Die einen hielten das für eine längst fällige Bestätigung dafür, dass die französische Küche innerhalb Europas – oder eigentlich weltweit – an der Spitze steht. Die anderen sahen darin einen Hilferuf, einen Rettungsversuch eines strauchelnden Kandidaten. Denn wer so etwas notwendig habe, könne nicht zur Spitze gehören. Immerhin ist die kulinarische Aufmerksamkeit längst auf den hohen Norden, asiatische oder südamerikanische Länder gerichtet. Auf der (britischen) Liste der 50 besten Restaurants der Welt findet sich Frankreich mit dem Restaurant Mirazur auf Platz elf, nach Ländern wie Spanien, Italien, Dänemark, Peru und die USA. Die konservative, französische Küche, die jahrhundertelang den Ton angegeben hat, habe ausgedient, hieß es von Seiten der Kritiker.

Viel bemerkenswerter an der Anekdote ist aber der Nebensatz von Sarkozy: „zumindest in unseren Augen“. Da schwingt etwas mit, ein Hauch von einem Bewusstsein dafür, dass das nicht jeder unbedingt so sehen muss. Denn auch, wenn die Franzosen immer noch sehr stolz auf ihre Küche sind und Essen in Frankreich einen sehr hohen Stellenwert hat: Ein bisschen etwas hat sich gewandelt. Die Krise ist daran nicht ganz unbeteiligt. Denn natürlich nimmt man sich in Frankreich immer noch gern 90 Minuten Zeit, um zu Mittag drei Gänge mit Weinbegleitung zu konsumieren. Aber eben nicht mehr jeden Tag. Gleichzeitig ist die Zahl der Imbiss- und Fast-Food-Stände gestiegen, die vor allem von den Jungen in der Stadt dankend angenommen werden.

Die Jungen waren es auch, die sich von den konservativen Küchenmeistern mit turmhoher, weißer Kochmütze wenig begeistert zeigten. Das – und die Krise – hatte zur Folge, dass die Bistros auflebten. Bistronomie hieß das dann, eine Mischung aus Bistro-Küche und Haute Cuisine. Die neuen Köche verzichten lieber auf Kochmützen und steife Jacken, ihr Markenzeichen sind Bärte und Tätowierungen. Zur altehrwürdigen Restaurant-Bibel Guide Michelin gesellte sich der junge Restaurant-Guide Fooding.

Vielleicht brauchte es all das, um die französische Küche am Leben und den kulinarischen Nationalstolz aufrechtzuerhalten. Immerhin feierte der Gourmet-Papst Paul Bocuse heuer seinen 90er. Und um an der Spitze zu bleiben, braucht es dann doch auch junge Spieler. (ks)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.06.2016)

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