Signale des Muts in gewalttätigen Zeiten

Katholischer Weltjugendtag in Krakau 2016 07 26 KRAKOW Katholischer Weltjugendtag WJT BLONIA NZ
Katholischer Weltjugendtag in Krakau 2016 07 26 KRAKOW Katholischer Weltjugendtag WJT BLONIA NZ(c) imago/newspix (imago stock&people)
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Bunt, laut und lustig, teilweise wie am Wiener Donauinselfest, nur ordentlicher. Eindrücke vom Weltjugendtag.

Krakau. „Man hat das Gefühl, bei einem Open-Air-Festival zu sein. Die Menschenmassen sind unglaublich.“ Der 17-jährige Guillaume aus der Schweiz ist von der Atmosphäre beim Weltjugendtag in Krakau infiziert. „Ein Wahnsinn!“, stimmt Tassilo aus Wien zu. Wenn bis zu 1,5 Millionen Jugendliche an einem Ort zusammenkommen, würde man verdreckte Gehsteige, leere Bierdosen und Chaos erwarten. Ganz anders in Krakau. Bei Weltjugendtagen – sei es in Köln, sei es in Rio – gelten andere Gesetze.

Aus aller Welt strömen Menschen im Alter zwischen 16 und 30 Jahren zusammen, um den Papst zu sehen und mit ihm zu feiern. Jugendliche aus mehr als 187 Ländern sind in Krakau eingetroffen, von Zentralafrika bis Japan, von Argentinien bis Australien – auch rund 3000 Österreicher haben sich zu dem Mega-Event angemeldet.

Es ist alles sehr bunt und erinnert stellenweise an das Wiener Donauinselfest – nur ohne Musikbühnen und hundertmal größer. Alle möglichen Sprachen und Gesänge sind zu hören, verschiedenste Hautfarben und Bekleidungen zu sehen und unterschiedlichste Bräuche zu erleben. Viele Teilnehmer sind zu Fuß oder mit dem Fahrrad hierher gepilgert, etwa aus Wien.

Auf der Suche nach sich selbst

„Ich bin gekommen, um für meine Familie und Verwandten zu beten und meinen Glauben zu stärken. Der Weltjugendtag kann Menschen helfen, sich selbst und seinen Glauben wiederzufinden“, erzählt Juliana aus Argentinien. Die 22-Jährige ist mit einer multikulturellen Gruppe der NGO „Offenes Herz“ unterwegs. „Ich will in Polen andere junge Christen kennenlernen, die mir ähnlich sind und denselben Glauben leben wie ich“, sagt Catherine (24) aus den USA.

Priester Hospice aus Benin hofft, „dass Papst Franziskus der ganzen Welt eine Botschaft der Barmherzigkeit überbringen wird“. Das Motto des heurigen Weltjugendtags lautet „Selig, die Barmherzigen, denn sie werden Erbarmen finden“. Für Norihisa (23) aus Japan stehen neben dem Religiösen das Entdecken von Neuem und das Sammeln von Lebenserfahrung im Mittelpunkt: „Ich will jemand Neuer werden, etwas in meinem Leben verändern und neu anfangen.“

Neues probierte auch Papst Franziskus, der erstmals mit einer Straßenbahn, der Tram del Papa, zur Begegnung mit den Jugendlichen fuhr und sich wie einst in Buenos Aires unter das Volk mischte. Franziskus scheut nicht den Kontakt mit den Gläubigen, weder im Vatikan noch bei seinen Reisen.

Bei der ersten offiziellen Ankunftsfeier am Donnerstagabend mit Hunderttausenden Teilnehmern im Krakauer Blonia-Park sprach er über Barmherzigkeit, forderte aber vor allem die Jugend auf, nicht frühzeitig das Handtuch zu werfen, sondern für eine bessere Welt zu kämpfen, zu streiten und zu rebellieren.

Höhepunkt ist die von Franziskus selbst geleitete Abschlussmesse am Sonntag, die er auf dem Campus Misericordiae zelebrieren wird. Viele Teilnehmer werden bereits die Nacht davor auf dem Campus unter freiem Himmel schlafen, um ganz vorn dabei zu sein. Die Woche mit dem Papst verlief bisher friedlich und fröhlich. „Das Faszinierende am Weltjugendtag ist die Liebe der Menschen zu ihren Heimatländern. Wenn jemand seine Landesfahne erkennt, schreit er vor Freude. Dennoch harmonieren die Jugendlichen“, sagt Catherine.

Die gute Stimmung steckt an

„Für jeden ist Gott der Grund, hier teilzunehmen. Das vereint die Menschen, trotz unterschiedlicher Kulturen und Sprachen. Alle jungen Christen sind voller Freude, und man findet eine friedliche Atmosphäre vor, die auf gegenseitigem Respekt beruht“, fügt Diego (30) aus Chile hinzu. Der Wunsch nach Harmonie und Respekt ist überall zu spüren. Die Atmosphäre ist etwas Besonderes und der Enthusiasmus der Feiernden ansteckend – in einer Zeit der Terror- und Zukunftsangst ein ermutigendes Signal.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.07.2016)

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