"Burkini"-Strafzettel: Badekleidung polarisiert Frankreich

Ein Symbolbild von einem tunesischen Strand. In Frankreich ist an einigen Stränden Ganzkörper-Badebekleidung verboten.
Ein Symbolbild von einem tunesischen Strand. In Frankreich ist an einigen Stränden Ganzkörper-Badebekleidung verboten.APA/AFP/FETHI BELAID
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Eine Frau mit Kopftuch erhielt in Nizza einen Strafzettel am Strand. Dabei wollte sie gar nicht schwimmen gehen. Das Verwaltungsgericht beschäftigt sich mit den Verboten.

Aktuelle Fotos aus Nizza polarisieren: Bewaffnete Polizisten stehen um eine Frau, die bekleidet samt Kopftuch am Strand liegt. Einer der Beamten stellt einen Strafzettel aus. Ähnliche Vorfälle werden aus mehreren anderen französischen Orten gemeldet. Denn in diesem Sommer haben zahlreiche französische Urlaubsorte, darunter Cannes und Nizza, das Tragen des umstrittenen Ganzkörperbadeanzugs an ihren Stränden verboten. Der Burkini - eine Wortschöpfung aus Burka und Bikini - bedeckt den ganzen Körper und wird von muslimischen Frauen getragen, die beim Baden einer strengen Auslegung des Islam entsprechen wollen.

Der Bericht der muslimischen Mutter, heizt die Debatte um den Burkini in Frankreich weiter an. Sie trug eine Art Tunika, Leggings und Kopftuch. Ihren Strafzettel zeigte sie den Journalisten, darauf steht der Strafbestand: Ihr Outfit würde die gute Moral und den Säkularismus nicht respektieren. "Ich saß mit meiner Famile am Strand", sagte die 34-Jährige. "Ich trug ein klassisches Kopftuch. Ich hatte gar nicht vor, schwimmen zu gehen". Eine Augenzeugin bestätigt den Vorall. Andere Menschen am Strand hätten "Geh nach Hause" gerufen, manche hätten der Polizei applaudiert. Die Tochter der Frau habe zu weinen begonnen.

In Nizza ist der Burkini seit letzter Woche verboten. Die Stadt hat die Badebekleidung verbannt, da sie eine Religion manifestiere in einer Zeit, in der Frankreich Ziel von Terroranschlägen sei. In Nizza steht dabei besonders der Anschlag vom 14. Juli im Blick, bei dem 86 Menschen starben, als ein Attentäter einen Lkw durch die Menschenmenge an der Stranpromenande lenkte.

Verwaltungsgericht entscheidet

Villeneuve-Loubet war der erste Ort, der ein Burkini-Verbot verhängt. Nun soll das Verwaltungsgericht die Rechtmäßigkeit der Regelung klären. Der Staatsrat in Paris wird sich am Donnerstagnachmittag mit dem Verbot des muslimischen Ganzkörperbadeanzugs im Badeort an der Cote d'Azur befassen. Das Verwaltungsgericht von Nizza hatte einen Eilantrag gegen das Verbot am Montag zurückgewiesen. Die Organisation Liga der Menschenrechte ist deswegen vor den Staatsrat gezogen.

Das Verwaltungsgericht von Nizza sah das Burkini-Verbot als "notwendig, angemessen und verhältnismäßig" an. Von dem Staatsrat in Paris wird nun eine Grundsatzentscheidung erwartet. Am Donnerstag ist aber lediglich eine Anhörung angesetzt; die Entscheidung dürfte zu einem späteren Zeitpunkt fallen.

Ligurien profitiert

Vom Burkini-Verbot in Ligurien profitiert der Strand im italienischen Ligurien. Die Zahl der Frauen mit Ganzkörperbadeanzügen an den Stränden der an Frankreich grenzenden Region habe stark zugenommen, stellte die Tageszeitung "La Stampa" am Dienstag fest.

Doch nicht nur die Tatsache, dass in Italien kein Burkini-Verbot gilt, zieht viele Muslimas nach Ligurien. Für Werbung sorgte auch die saudi-arabische Prinzessin Nouf Nint Abdullah al Saud, Schwiegertochter des verstorbenen König Abdullah von Saudi-Arabien. Drei Wochen lang verbrachte die Prinzessin mit einer Schar von Mitarbeitern ihren Urlaub im Grand Hotel der ligurischen Badeortschaft Alassio.

Der Bürgermeister von Alassio, Enzo Canepa, erklärte, er sei zwar gegen die Vollverschleierung muslimischer Frauen, aber nicht gegen den Burkini. "Ich denke, dass man in dieser gespannten Phase Polemik vermeiden sollte, die ein derartiges Verbot auslöst", so Canepa. 

(APA/AFP/Red.)

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