Bewegende Trauerzeremonie für Erdbeben-Opfer in Italien

Der italienische Präsident Mattarella tröstet eine Frau in der vom Erdbeben zerstörten Stadt Amatrice.
Der italienische Präsident Mattarella tröstet eine Frau in der vom Erdbeben zerstörten Stadt Amatrice.REUTERS
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Italiens höchste Politiker besuchten das Katastrophengebiet am Trauertag. Die Rettung einer Vierjährigen aus den Armen ihrer Toten Schwester wird als Wunder bezeichnet.

Mit einem nationalen Trauertag hat Italien am Samstag der zahlreichen Opfer des Erdbebens vom Mittwoch gedacht. Zu dem Staatsakt für die Opfer der Erdbebenkatastrophe in Italien strömten zahlreiche Trauernde und Überlebende der Katastrophe in die Sporthalle der mittelitalienischen Stadt Ascoli Piceno, die in eine behelfsmäßige Kapelle umgewandelt worden war.

In Gedenken an die Opfer wurden landesweit die Flaggen auf Halbmast gesetzt. An der Trauerzeremonie für 35 der 49 Opfer in der mittelitalienischen Region Marken beteiligten sich auch der italienische Staatspräsident Sergio Mattarella, der zuvor das Katastrophengebiet besucht hatte, sowie Premier Matteo Renzi, der den Verwandten der Opfer Trost spendete. Eine lange Reihe von Särgen wurde in der Sporthalle aufgestellt. Die Namen aller Opfer wurden zu Beginn der Trauerzeremonie verlesen.

"Es ist weiser im Einklang mit der Natur zu leben"

"Wir erleben eine Zeit der Kriege. Auch ein Erdbeben ist ein Krieg, denn die Natur verzeiht uns nicht. Es ist weiser, im Einklang mit der Natur zu leben, als sie zu provozieren", sagte der Bischof von Ascoli Piceno, Giovanni D'Ercole, in seiner Predigt. Der Bischof zeigte sich überzeugt, dass die zerstörten Gemeinden zu neuem Leben erwachen werden. "Unsere Gegend besteht aus Menschen, die nicht den Mut verlieren. Zusammen werden wir unsere Häuser und Kirchen wieder aufbauen", sagte D'Ercole.

Der Bischof bezeichnete es als Wunder, dass die vierjährige Giorgia noch nach 16 Stunden lebend unter den Trümmern ihres Kinderzimmers gefunden wurde. "Das Leben hat mit Giorgia über den Tod gesiegt", sagte D'Ercole. Für die neunjährige Schwester des Kindes Giulia war jegliche Hilfe zu spät gekommen.

Papst Franziskus drückte seine tiefe Anteilnahme an der Trauer der Familienangehörigen aller Opfer des Erdbebens aus. "Der Papst betet für die Opfer des Erdbebens", teilte der vatikanischen Staatssekretär, Kardinal Pietro Parolin, mit. In der Basilika des Heiligen Franz in Assisi ertönten zu Beginn der Trauerzeremonie in Ascoli Piceno die Glocken. Die Gemeinschaft der Franziskanermönche schloss sich den Gebeten für die Erdbebenopfer an.

Opferzahl hat sich erhöht

Die Zahl der Toten hat sich weiter erhöht. Der Zivilschutz geht in einer vorläufigen Bilanz mittlerweile von 290 Toten aus. 230 Todesopfer wurden in der Bergortschaft Amatrice, Epizentrum des Bebens, gemeldet. Weitere elf Menschen kamen im Dorf Accumoli und 49 in Arquata ums Leben.

388 Menschen wurden beim schweren Erdbeben verletzt, 2.444 sind obdachlos. Das Beben ist damit inzwischen nahezu so verheerend wie jenes von L'Aquila im April 2009. Damals kamen mehr als 300 Menschen ums Leben.

Seit dem schwersten Erdstoß einer Stärke von mehr als 6 in der Nacht zu Mittwoch verzeichneten die Behörden circa 1.300 weitere Beben, was die Rettung erschwerte. Das Erdbeben hatte ganze Dörfer der Regionen Latium und in den Marken dem Erdboden gleichgemacht. Die Retter suchten auch in der Nacht weiter nach Überlebenden in den zerstörten Gemeinden.

Ermittlungen wegen Bauvorschrifts-Verstößen

Die Staatsanwaltschaft in der italienischen Provinz Rieti untersucht mittlerweile, ob in der Erdbebenregion gegen Bauvorschriften verstoßen wurde. "Was da passiert ist, kann nicht nur als Unglück gesehen werden", zitierte die italienische Tageszeitung "La Repubblica" am Samstag Staatsanwalt Giuseppe Saieva. Bei einigen der zerstörten Häuser sei "mit mehr Sand als Zement" gebaut worden. Vor allem der Einsturz einer erst vor kurzem renovierten Grundschule in Amatrice hatte für Aufsehen gesorgt. Bisher seien aber keine Verdächtigen identifiziert worden.

(APA)

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