USA: Ethnische Spannungen belasten Wahlkampf

(c) APA/AFP/NICHOLAS KAMM
  • Drucken

Der neuerliche Todesschuss auf einen Schwarzen hat massive Demonstrationen ausgelöst. Der Amokläufer von Burlington kam aus der Türkei.

Charlotte/Burlington. Immer neue Hinweise auf Übergriffe der Polizei gegen Schwarze und Gewalt moslemischer Zuwanderer belasten den US-Wahlkampf. Denn jede Seite sieht sich durch die Eskalation bestätigt. Zu neuen Spannungen hat die Veröffentlichung zweier Videos beigetragen, die den Tod des Farbigen Keith Lamont Scott in der Stadt Charlotte dokumentieren. Er war von einem Polizisten erschossen worden. Die Videos bestätigen die Angaben der Sicherheitskräfte nicht, wonach sich Scott mit einer Pistole gegen seine Festnahme gewehrt habe. Zwar zeigen Fotos der Polizei die Handfeuerwaffe und ein Knöchelholster, auf keinem der beiden Videos (eines von einer Polizeikörperkamera, eines vom Armaturenbrett des Polizeiautos) ist zu erkennen, dass Scott die Beamten bedroht hat. Allerdings sind Rufe zu hören: „Put your gun down.“

Der neuerliche Todesschuss auf einen Schwarzen hat massive Demonstrationen ausgelöst. Vier Abende hintereinander zogen Menschen durch die Stadt im US-Staat North Carolina. Eine seit Donnerstag verhängte Ausgangssperre wurde nicht beachtet. Scotts Familie beharrt darauf, dass der Mann für die Polizei keine Bedrohung dargestellt habe. Eines der Videos zeige, dass er sich zum Zeitpunkt der Schüsse von den Polizisten wegbewegt habe, argumentierten sie am Samstag auf einer Pressekonferenz.

Die demokratische Präsidentschaftskandidatin Hillary Clinton hat einen geplanten Besuch in Charlotte verschoben. Nach Gesprächen mit den örtlichen Behörden sei beschlossen worden, einen für Sonntag vorgesehenen Besuch zu vertagen, um die personellen Ressourcen der Stadt nicht zu strapazieren, teilte ihr Wahlkampfteam mit. Wenn die Umstände es erlaubten, werde Clinton aber eine Woche später in die Stadt reisen, hieß es. Zuvor hatte die Bürgermeisterin von Charlotte Clinton und ihren republikanischen Rivalen Donald Trump gebeten, wegen der stark beanspruchten Sicherheitskräfte vorerst nicht zu kommen.

Täter aus Shoppingcenter gefasst

Nach tödlichen Schüssen in einem Einkaufszentrum am Freitagabend im US-Bundesstaat Washington hat die Polizei am Wochenende einen Tatverdächtigen festgenommen. Es ist laut Berichten des TV-Senders CNN ein 20-jähriger türkischer Einwanderer. Er soll in der Stadt Burlington drei Frauen, ein 16-jähriges Mädchen sowie einen Mann getötet haben. Der Schütze konnte zunächst entkommen. Bei seiner Festnahme in der Stadt Oak Harbor nahe Burlington habe er sich „wie ein Zombie“ verhalten, wurde der Polizist Mike Hawley zitiert.

Der neuerliche Verdacht gegen einen muslimischen Zuwanderer spielt fremdenfeindlichen Kräften in die Hände, die so wie der republikanische Präsidentschaftskandidat, Donald Trump, ein Einreiseverbot für Personen aus muslimischen Ländern fordern. Trump hatte das Einreiseverbot mit dem Attentat eines muslimischen Paares in Kalifornien gerechtfertigt, bei dem 14 Menschen erschossen wurden. (ag./wb)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 26.09.2016)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Weltjournal

Ausgangssperre in US-Stadt Charlotte wieder aufgehoben

Die Maßnahme wurde nach teils gewaltsamen Protesten gegen Polizeigewalt verhängt.
Weltjournal

Polizei in Charlotte veröffentlicht Videos der Schüsse

Nach fünf Tagen teils gewaltsamer Protesten veröffentlichte die Polizei nun zwei Videos der tödlichen Schüsse auf einen Afroamerikaner.
Ausgangssperre nach Protesten in US-Stadt Charlotte
Weltjournal

Demonstranten trotzen Ausgangssperre in Charlotte

Nach der Erschießung eines Afroamerikaners durch einen Polizisten kam es in der US-Stadt zu Auschreitungen.
Ausnahmezustand in Charlotte
Weltjournal

Notstand in Charlotte nach Polizeigewalt

Die zweite Nacht in Folge gingen Hunderte in Charlotte auf die Straße, um gegen den Tod eines Afroamerikaners durch Polizeischüsse zu protestieren. Nach kurzer Zeit eskalierte die Lage.
Barack Obama sprach zur Trauergemeinde in Dallas, auch George W. Bush (hinten, 2.v.r.) ergriff das Wort.
Außenpolitik

Obama: "Sind nicht so gespalten, wie es scheint"

Der US-Präsident appellierte bei der Trauerfeier für die erschossenen Polizisten von Dallas an die Einheit der Nation. Auch sein Vorgänger ergriff das Wort.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.