Renzis Milliardenbrücke im Erdbebengebiet

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Seit 40 Jahren träumt man auf Sizilien von einer riesigen Brücke zum Festland. Matteo Renzi wagt einen neuen Anlauf für das Projekt.

Die italienische Regierung macht offenbar mit ihren Plänen ernst, die Idee einer Brücke zwischen der Insel Sizilien und dem italienischen Festland zu realisieren. Das Projekt sei prioritär, um Sizilien und Süditalien dem Rest Europas anzunähern, sagte der italienische Verkehrsminister, Graziano Delrio, in einem Interview mit der Mailänder Tageszeitung „Corriere della Sera“ am Sonntag.

Delrio verteidigte auch die Idee, die Brücke mit Steuergeldern zu finanzieren. „Ich begreife nicht, wo das Problem liegt, wenn der Staat Gelder in die Brücke investieren würde. Wir stecken vier Milliarden in den Brenner-Basistunnel und sechs Milliarden in die Bahn-Hochgeschwindigkeitslinie zwischen Mailand und Venedig“, sagte Delrio. Die Kosten für die Sizilien-Brücke, die über die Straße von Messina gehen soll, werden bisher auf rund 8,5 bis neun Mrd. Euro geschätzt.

Grüne und Linke dagegen

Die Idee einer Brücke zwischen Sizilien und dem Festland ist alles andere als neu. Schon in den Jahren 2001 bis 2006 wurden rund 200.000 Euro in die Planung einer solchen Verbindung investiert. Die bisherigen Pläne sehen den Bau einer Hängebrücke in der Länge von 3,7 Kilometern vor, die sowohl für den Autoverkehr als auch für die Bahn genutzt werden kann.

Das Projekt liegt seit 2012 auf Eis, nachdem es die Regierung von Mario Monti aus Kostengründen eingestellt hat. Der aktuelle Premier, Matteo Renzi, hat die Idee aber vergangene Woche wieder aufgenommen. Der Bau der Brücke könne 100.000 Jobs in der Region schaffen und sowohl Sizilien als auch Kalabrien wirtschaftlich helfen, so Renzi.

Wegen des umstrittenen Projekts ist es bereits mehrmals zu Demonstrationen von Grünen und Linksparteien gekommen. Dazu kommen Warnungen von Experten, dass die Brücke in einem Gebiet gebaut werden soll, das als besonders erdbebengefährdet gilt.

Debatte seit 40 Jahren

Auf diese Kritikpunkte geht auch der italienische Verkehrsminister ein. Natürlich müsse man auch die Auswirkungen des Projekts auf die Umwelt betrachten – und die Kosten im Auge behalten, sagte Graziano Delrio dem „Corriere“. Aber: „Die Brücke wäre ein wesentlicher Bestandteil eines Korridors Neapel–Palermo. Um mit der Bahn von Rom nach Palermo zu fahren, braucht man heute zehneinhalb Stunden. Mit der Brücke wären es nur sechs Stunden.“

Die Gegner des Brückenprojekts würden das dafür vorgesehene Geld lieber in den Ausbau der Verkehrsinfrastruktur auf Sizilien einsetzen. Dass die Regierung von Matteo Renzi das Projekt nun wieder ins Auge fasst, heißt freilich nicht, dass die Brücke auch tatsächlich gebaut wird. Über die Idee wird immerhin seit mittlerweile 40 Jahren debattiert. (red./ag.)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.10.2016)

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