Nach Beben in Mittelitalien: "Der Albtraum ist noch nicht vorbei"

APA/AFP/ALBERTO PIZZOLI
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Tausende Bewohner wurden zu Obdachlosen. "Hier wackelt alles", sagt ein Dorfbürgermeister. Und: "Es ist die Angst, die uns einen neuen Schlag gibt."

Nach dem schweren Erdbeben in Mittelitalien haben Tausende Menschen die Nächte in Zelten, Notunterkünften oder im Auto verbracht. Mehr als 15.000 Menschen seien in den Unterkünften des Zivilschutzes versorgt worden, teilte die Behörde am Montag mit. Die Zahl der Obdachlosen wird aber weit höher geschätzt.

Einige kamen die Nacht auch in einem Zug unter, den die Bahngesellschaft Trenitalia in der Stadt Fabriano zur Verfügung gestellt hatte. Nachbeben, darunter auch zwei von mehr als Stärke 4, in der sowieso schon hart getroffenen Region verunsicherten die Menschen weiter. Auch in Rom wurden mögliche Schäden untersucht.

"Die Seele Italiens ist unruhig", erklärte Premierminister Matteo Renzi in seinem Newsletter. Das Erdbeben habe "das Herz" Italiens verwüstet. "Diese Dörfer sind die Identität Italiens: Wir müssen alles wiederaufbauen, schnell und gut."

"Wie willst du da schlafen?"

Viele Menschen sind verzweifelt. "Schlafen? Hier wackelt alles, wie willst du da schlafen?", sagte der Bürgermeister des Dorfes Ussita, Marco Rinaldi. "Die Wahrheit ist, dass der Alptraum nicht vorbei ist, es ist die Angst, die uns einen neuen Schlag gibt."

Tausende Menschen wurden an die Adria-Küste gebracht. Andere wollten ihre Heimatorte allerdings nicht verlassen und schliefen in Autos. Auch Gebäude, die nicht in sich zusammengefallen sind, müssen von einem Techniker überprüft werden. Viele Menschen dürfen daher nicht in ihre Häuser zurück. Die Regierung wollte am Montagabend zu einer Kabinettssitzung zusammenkommen und über Hilfe in der Apennin-Gebirgsregion beraten.

Das Beben der Stärke 6,5 hatte am Sonntag historische Ortschaften zerstört. Dabei wurden auch Kulturgüter, wie zum Beispiel die Basilika San Benedetto in der umbrischen Kleinstadt Norcia, schwer beschädigt.

Das Kulturministerium erwarte nun seit dem schweren Beben im August, bei dem 298 Menschen starben, rund 5.000 Hinweise auf mögliche Schäden, sagte die Ministeriums-Generalsekretärin Antonia Pasqua Recchia. Tote gab es nicht, auch weil viele Orte schon nach dem August-Beben teils geräumt waren.

Selbst im rund 110 Kilometer Luftlinie entfernten Rom entstanden Schäden. Die historische Verkehrsbrücke Ponte Mazzini über den Tiber, die Trastevere mit dem historischen Zentrum verbindet, wurde gesperrt. Ein möglicher Riss wurde untersucht, berichteten italienische Medien mit Berufung auf die Feuerwehr. Auch zwei Kirchen im Stadtzentrum wurden aus Sicherheitsgründen gesperrt, darunter nach Informationen von Ansa die Kirche San Francesco im Stadtviertel Monti und die Kirche am Platz Sant'Eustachio, der bei Touristen sehr beliebt ist. Auch in der Küstenstadt Ancona meldeten sich zahlreiche Bewohner bei den Behörden, um ihre Gebäude überprüfen zu lassen.

(APA/dpa)

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