45 Länder wollen komplett auf erneuerbare Energien umsteigen

Die 43 Mitgliedsstaaten des ''Climate Vulnarable Forum'' (CVF), die besonders unter dem Klimawandel leiden, versuchen seit Jahren, die Weltgemeinschaft zu dem Umstieg auf erneuerbare Energien zu bewegen.
Die 43 Mitgliedsstaaten des ''Climate Vulnarable Forum'' (CVF), die besonders unter dem Klimawandel leiden, versuchen seit Jahren, die Weltgemeinschaft zu dem Umstieg auf erneuerbare Energien zu bewegen. APA/AFP/dpa/JULIAN STRATENSCHULT
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Die am meisten vom Klimawandel bedrohten Staaten der Welt sagen Kohle, Öl und Gas den Kampf an. Sie wollen damit ein Zeichen für Industriestaaten setzen.

Es sind Länder wie das Hurrikan-geplagte Haiti, das von schlimmen Dürren heimgesuchte Äthiopien oder die Marshallinseln, die in ein paar Jahrzehnten in den Tiefen des Ozeans verschwunden sein könnten, die am Freitag auf den UNO-Klimakonferenz in Marrakesch einen außergewöhnlichen Beschluss vorstellen: Sie wollen in der Energiegewinnung gemeinsam auf Kohle, Öl und Erdgas verzichten.

Die 43 Mitgliedsstaaten des "Climate Vulnarable Forum" (CVF), die besonders unter dem Klimawandel leiden, versuchen seit Jahren, die Weltgemeinschaft zu dem Umstieg auf erneuerbare Energien zu bewegen. Gemeinsam mit zwei weiteren Staaten gehen sie nun selber voran. Bis 2020 wollen die armen Staaten aus Afrika, Asien, der Karibik und der Südsee ihre nationalen Klimaziele gesetzlich verankeren. Ziel ist, die gefährliche Erderwärmung auf 1,5 Grad Celsius zu begrenzen. 

Offiziell sollte die Initiative erst am späteren Vormittag am Rande der Klimakonferenz in Marrakesch vorgestellt werden. "Brot für die Welt" machte die Informationen nach Angaben des CVF vor Ablauf der vereinbarten Sperrfrist bekannt. "Das ist endlich eine Ansage ohne Hintertüren", kommentierte die Klimaexpertin von "Brot für die Welt", Sabine Minninger, den Beschluss im "Spiegel".

Applaus zum Abschluss

Bevor die Klimakonferenz in Marokko mit fast 200 Teilnehmerstaaten am Freitag zu Ende geht, rief das Plenum der Klimadiplomaten am Donnerstag zur Solidarität mit den vom Klimawandel am stärksten betroffenen Staaten auf. Es sei notwendig, diese Länder dabei zu unterstützen, sich an den Treibhauseffekt anzupassen, heißt es in der "Proklamation von Marrakesch", die mit Applaus begrüßt wurde.

Ziel sei, die Armut zu beenden, die Lebensmittelversorgung zu sichern und die Landwirtschaft an die Herausforderungen des Klimawandels anzupassen. "Unser Klima erwärmt sich in alarmierender und nie da gewesener Geschwindigkeit und wir haben die zwingende Pflicht zu reagieren."

Bei Klimakonferenzen ringen Industrie- und Entwicklungsländer stets um finanzielle Hilfen für ärmere Staaten. Auch um den Text dieser politischen Erklärung hatte es in Marrakesch Diskussionen gegeben. Die Entwicklungsorganisation Oxfam begrüßte das Dokument, forderte aber "echte Fortschritte, bevor die Konferenz zu Ende geht".

Denn die 196 Teilnehmerstaaten und die Europäische Union bekräftigten zwar auch in der am Donnerstag verabschiedeten Proklamation, bis 2020 jährlich 100 Milliarden Dollar (93,4 Mrd. Euro) für die Entwicklungsländer aufzubringen. Dieses Versprechen wurde allerdings schon bei der Kopenhagener Klimakonferenz von 2009 gemacht.

Klimaschutz-Schreck Donald Trump

Weiters riefen die Regierungsvertreter einem Tag vor Ende der Gespräche dazu auf, mit "maximalem politischen Engagement" gegen die Klimaerwärmung vorzugehen. Sie sagten in der Proklamation den Treibhausemissionen als Quelle der Klimaerwärmung den Kampf an und verpflichteten sich, die Ziele des UN-Klimaschutzabkommens von Paris "vollständig" umzusetzen und zu verwirklichen.

Der globale Klimaschutzvertrag war im Dezember 2015 in Paris beschlossen worden. Er sieht vor, die Erderwärmung auf deutlich unter zwei Grad, möglichst aber auf unter 1,5 Grad im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter, zu begrenzen. Die bisher vorliegenden nationalen Zusagen zur Verringerung des Treibhausgasausstoßes reichen dazu allerdings nicht aus.

Das Abkommen trat Anfang November in Kraft. Es wurde bereits von 111 der 195 Unterzeichnerstaaten ratifiziert - darunter zuletzt Großbritannien am Donnerstag. Die größten Verursacher von Treibhausgas, die USA und China, ratifizierten ebenfalls. Weiterhin stellt der am 8. November zum US-Präsidenten gewählte Donald Trump einen Unsicherheitsfaktor in den Bemühungen für den Klimaschutz dar.

Weltbankchef hofft auf Trumps Einsicht

Trump hatte im Wahlkampf angekündigt, das Klimaschutzabkommen aufkündigen zu wollen. Der Klimawandel sei eine chinesische Erfindung. Weltweit wuchs daraufhin die Sorge vor schweren Rückschlägen im Umweltschutz.

Weltbankchef Jim Yong Kim zeigte sich am Donnerstag optimistisch. Er setzt darauf, dass der Baumilliardär seine Meinung zum Klimawandel noch ändert: "Meine Hoffnung ist, dass er auf seine Militärführung hört. Denn beim Militär gibt es absoluten Konsens, dass der Klimawandel real ist und eine große Bedrohung darstellt."

Wissenschaftlich gebe es unter 97 Prozent der Studien Konsens, dass der Klimawandel stattfindet und vom Menschen ausgelöst ist, so Kim. Im Kampf gegen die Erderwärmung hofft er auf einen Handel mit CO2-Rechten. In China gebe es die Bereitschaft dazu, seitdem der Smog in Peking und anderen Städten ein katastrophales Niveau erreicht hat. Selbstverständlich wäre ein weltweites System zu bevorzugen, aber man könne nicht bis dahin warten. Und sollte China vorangehen, dann wäre der Sog groß, da alle Staaten mit China Handel betreiben wollen.

Würden hingegen alle Programme zur Nutzung von Kohle die heute existieren umgesetzt, dann werde die Erdtemperatur sicher mehr als zwei Grad ansteigen, sagte Kim am Donnerstagabend in Wien im Rahmen der Diskussionsreiche "Finanz im Dialog". Am Ende des Tages werde die Welt sich wohl erst einen Ruck geben, wenn "etwas drastisches" passiert

(APA/AFP/dpa/maka)

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