Kinderschändernetzwerk schockiert Norwegen

(C) Clemens Fabry
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Die Polizei hob einen Pädophilenring aus, der per Internet aktiv war. 51 Männer stehen unter Verdacht, darunter Politiker.

Bergen/Stockholm. Norwegens Polizei hat den größten bisher bekannten Kinderschänderring in der Landesgeschichte gesprengt: 51 Männer werden verdächtigt, 20 von ihnen wurden in den vergangenen Tagen im westnorwegischen Polizeidistrikt mit Hauptsitz in der Küstenstadt Bergen verhaftet. Gegen die übrigen wird in anderen Landesteilen ermittelt. Auch im Ausland soll es Mitglieder geben.

Seit Jahresbeginn haben 25 Kriminalbeamte unter dem Operationsnamen „Dark Room“ Daten zu dem Skandal zusammengetragen, vor allem über Übergriffe auf norwegische und ausländische Kinder, die sich in Form von Fotos und Videos niedergeschlagen haben. Es geht um eine Datenlast, die etwa 35.000 DVDs füllt.

Schreckliche Details publiziert

Die Polizei ging mit ungewöhnlich vielen Details an die schockierte Öffentlichkeit. „Das Material zeigt unter anderem die Penetration von Kleinkindern, Kinder werden gefesselt, Kinder, die Sex mit Tieren haben und die Sex mit anderen Kindern haben“, sagte Ermittlerin Hilde Reikras schonungslos und unverblümt bei einer Pressekonferenz. Die Polizei hat auch Diskussionsforen mit haarsträubenden Inhalten sichergestellt, die an dieser Stelle nicht wiedergegeben werden sollen. Einige hatten Übergriffe auf Kinder, sogar auf die eigenen, für andere Gruppenmitglieder live im Internet übertragen. Die aus mehreren Ringen bestehende Gruppe hatte sich über das sogenannte Darknet ausgetauscht. Das ist ein von Kriminellen gern genutztes Untergrundinternet, das schwer zugänglich ist und in dem man Spuren leicht verwischen kann. „Wir haben festgestellt, dass Gleichgesinnte sich im Darknet getroffen haben, in dem sie miteinander geredet haben und ihr Interesse an Kindern in Ruhe kultivieren konnten“, so Reikras. Einige der mutmaßlichen Täter sind IT-Experten. Sie sollen das Netzwerk möglichst unentdeckbar gemacht haben.

Das FBI gab den Anstoß

Laut Informationen der Zeitung „VG“ sollen die Norweger zunächst von der US-Bundespolizei FBI auf diese Vorgänge aufmerksam gemacht worden sein. Das FBI hatte demnach schon 2015 eine Großermittlung im Darknet gestartet. Dabei ist es gelungen, sich in Websites des Netzwerks zu hacken. Ein Programm wurde eingeschleust, es sammelte Informationen über die Personen, die die Seiten besuchten. Die Spur führte nach Norwegen.

Die ausschließlich männlichen Verdächtigen kommen aus allen Gesellschaftskreisen. Der öffentlich-rechtliche Sender NRK veröffentlichte Alter, Heimatregion, Beruf und Familienstand von 18 der Verdächtigen. Demnach kommen 17 aus Bergen und Umgebung. Sie sind zwischen 23 und 55 Jahren alt. Neun haben Kinder. Von Arbeitslosen über Studenten, Lehrern bis hin zu Ingenieuren, Volkswirten und Juristen ist alles vertreten.

Auch ein Polizist und zwei Politiker, von den Sozialdemokraten und den Rechtspopulisten, sind darunter, berichtet zumindest „VG“. Im Fall einer Verurteilung drohen den Beteiligten Gefängnisstrafen von bis zu 15 Jahren.

„Müssen Augen offen halten“

„Der Fall zeigt die schlimmste Seite des Internets. Menschen fantasieren darüber, Kindern zu schaden, sie finden und ermutigen einander dort. Im schlimmsten Fall schreiten einige zur Handlung, weil ihre Fantasien durch Gespräche mit Gleichgesinnten angeregt werden“, kommentiert die Regionalzeitung „Bergens Tidende“ am Dienstag. Und es sei richtig, dass die Polizei so ungewöhnlich viele Details bekannt gegeben habe, so die Zeitung. „Die Wirklichkeit ist schlimmer, als wir uns vorstellen möchten, aber wir müssen uns ihr stellen. Nur eine Sache kann verhindern, dass dies wieder passiert: Wir müssen unsere Augen offen halten.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.11.2016)

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