Wo Abfälle im Supermarktregal landen

Wefood ist der erste Supermarkt dieser Art in Europa.
Wefood ist der erste Supermarkt dieser Art in Europa.APA/AFP/SCANPIX DENMARK/SOREN BI
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Der dänische Supermarkt Wefood verkauft abgelaufene Waren - und ist damit erfolgreich. Im heimischen Einzelhandel landen jährlich 109.700 Tonnen Lebensmittel im Müll.

Braune Bananen, Käse mit fast überschrittenem Haltbarkeitsdatum, zerbrochene Schokoladentafeln oder drei Tage altes Brot - solche Waren kommen bei vielen Kunden in europäischen Supermärkten nicht in das Einkaufswagerl. Und was der Konsument nicht will, das landet zu großen Teilen im Müll. Obwohl vieles noch genießbar wäre.

760.000 Tonnen Essen warfen Österreicher 2015 weg. Zwei Drittel der Abfälle seien vermeidbar gewesen, heißt es in einem Bericht der Umweltinitiative Muttererde. In der Menge sind Lebensmittelproduktion, Großhandel und Landwirtschaft allerdings noch nicht ein gerechnet. Für ein Drittel des Mists sind private Haushalte verantwortlich. Ein beachtlicher Teil entfällt aber auf den Einzelhandel: 2013 warfen Supermärkte 109.700 Tonnen Lebensmittel weg, die Hälfte davon war Obst und Gemüse, knapp ein Drittel Brot und Gebäck.

Der dänische Supermarkt Wefood sagte dieser Lebensmittelverschwendung im März den Kampf an - als erster Shop dieser Art in Europa. Wefood fährt damit sehr erfolgreich. In langen Schlangen warteten Kopenhagener als das Lebensmittelgeschäft Anfang November seine zweite Filiale in der dänischen Hauptstadt eröffnete. 10.000 Kunden habe Wefood in den zwei Monaten nach Eröffnung des ersten Shops betreut, heißt es auf der Webseite.

Um die Hälfte billiger

Wefood verkauft Lebensmittel, die der gewöhnliche Einzelhandel nicht mehr verkaufen kann: Wegen des überschrittenen Haltbarkeitsdatums, falscher Etiketten oder aufgebrochener Verpackungen. Nach dem dänischen Gesetz sind die Waren aber noch konsumierbar - solange der Verzehr nicht gesundheitsgefährdend ist und es klar ausgewiesen ist.

Alle Produkte, die Wefood anbietet, werden von Produzenten, Importeuren, Exportfirmen oder lokalen Supermärkten gespendet. Mitarbeiter des Handelsunternehmens - alles Freiwillige - sammeln die Waren ein. Der Profit geht an Hilfsprojekte, um Hunger in armen Ländern wie dem Südsudan, Bangladesch oder Äthiopien zu bekämpfen.

Die Preise sind zwar um ein Drittel bis um die Hälfte billiger als im gewöhnlichen Handel, doch dafür hängt das Angebot ganz von den Spenden ab. So sei es von Mal zu Mal verschieden, was die Kunden bei ihrem Einkauf in den Regalen finden werden, berichtet der "Guardian". Die klassischen Wochenendeinkäufe sind bei Wefood also schwer zu erledigen.

Kaffees mit Ablaufware

Auch in Großbritannien gibt es bereits einen "Abfall-Supermarkt". Auf 560 Quadratmetern türmt sich hier Brot, Obst, Gemüse und Süßes - zwischen zwei und zehn Tonnen Essen pro Tag spendeten Supermarktketten, schreibt der "Guardian". Zahlen so viel man will, lautet die Devise in dem Geschäft in Leeds. Es ist allerdings nur Teil eines größeren Projekts, des "The Real Junk Food Project". 125 Kaffees weltweit betreibt die Organisation mittlerweile, davon auch eines in Berlin.

Verwendet werden Zutaten, deren Mindesthaltbarkeitsdatum schon überschritten ist. "Wir trauen unserem eigenen Urteilsvermögen, ob das Essen für den Konsum geeignet ist - in dem wir daran riechen, es schmecken und mit den Augen untersuchen", schreibt "The Real Junk Food Project" auf seiner Homepage. Wie im Supermarkt zahlen Kunden auch in den Lokalen nur so viel, wie sie es für nötig halten.

Anti-Wegwerf-Gesetz in Frankreich

Ein ähnliches Projekt gibt es in Österreich bisher nur über das Internet. Die "Markthelden" ersteigern die Waren direkt von den Herstellern, die das Essen nicht mehr verkaufen könnten und letztlich vernichten müssten. Diese Lebensmittel können dann online gekauft werden. In Österreich gilt, dass Lebensmittel nach Ablauf des Mindesthaltbarkeitsdatums weiterhin verkauft werden dürfen. Der Verbraucher muss aber deutlich auf die abgelaufene Frist aufmerksam gemacht werden.

Die Politik setzt hierzulande bisher aber nur auf Aufklärung. Gesetzesinitiativen gibt es bisher nur von den Grünen. Ganz im Gegensatz zu Frankreich: Hier ging die Regierung rigoros gegen Lebensmittelverschwendung vor. Seit vergangenem Jahr darf der Großhandel unverkaufte Nahrungsmittel künftig nicht mehr wegwerfen. Unverkaufte Ware soll gespendet, als Tiernahrung genutzt oder als Kompost für die Landwirtschaft verwendet werden. Sie darf zudem nicht, wie häufig im Handel üblich, für den Verbrauch ungeneißbar gemacht werden. Auch das wallonische Parlament hat bereits ein Anti-Wegwerf-Gesetz verabschiedet.

>>> Bericht im "Guardian".

>>> Bericht auf "Muttererde".

>>> Zur Homepage von Wefood.

>>> Zur Homepage von The Real Junk Food Project.

>>> Markthelden-Onlineshop.

(red.)

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