Chinesen bauen die Titanic nach

A construction site is seen as a Chinese company holds a keel-laying ceremony of a life-size Titanic replica at a theme park in Daying county, Sichuan province
A construction site is seen as a Chinese company holds a keel-laying ceremony of a life-size Titanic replica at a theme park in Daying county, Sichuan province(c) REUTERS (CHINA STRINGER NETWORK)
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Mit gleich zwei Kopien wollen Investoren den untergegangenen Luxusliner zum Leben erwecken. Ein Schiff soll sogar die Kollision mit dem Eisberg simulieren können.

Peking. Das Muster findet sich immer wieder: Es muss bloß eine hinreichende Zahl an Chinesen von etwas begeistert sein – schon findet sich irgendwo im Land eine Imitation. Das gilt für österreichische Alpendörfer genauso wie für Ikea-Einrichtungshäuser, Apple-Stores oder den Pariser Eiffelturm. Selbst die Altstadt von Hannover wird derzeit im südwestlichen China nachgebaut. Derzeit sind gleich zwei chinesische Investoren dabei, die legendäre Titanic zu kopieren – und zwar in voller Größe.

Die Seven Star Energy Investment Group, vom Kerngeschäft her eigentlich ein lokaler Stromanbieter, will in der südwestchinesischen Provinz Sichuan eine möglichst genaue Kopie des 1912 im Nordatlantik gesunkenen Kreuzfahrtschiffes anfertigen lassen. Und zwar auf Basis der alten Pläne, versichert der mit dem Großprojekt beauftragte Schiffsbauer, die Wuchuan Group.

Die nachgebaute Titanic soll sowohl mit dem berühmten Speisesaal, den Luxuskabinen, dem Deck, auf dem beim Untergang das Mini-Orchester spielte, als auch mit den Massenunterkünften der Passagiere in der dritten Klasse ausgestattet werden. Wie das Original wird es bei der Vollendung in zwei Jahren rund 300 Meter lang sein. Umgerechnet mehr als 136 Millionen Euro lässt sich der Investor diesen Koloss kosten.

„6-D-Erfahrung“ bei Kollision

In See stechen wird der Nachbau aber nicht. Stattdessen will das Unternehmen den legendären Luxusdampfer an den Ufern des kleinen Flusses Qijiang andocken. Ein künstlicher Eisberg ist ebenfalls in Planung. Doch ganz getreu den Originalplänen folgt der Investor beim Nachbau dann doch nicht. Für das Innenleben hat er einige Spezialeffekte in petto, mit denen die Katastrophe von 1912 simuliert werden soll. Von „6-D-Erfahrung“ spricht Firmenchef Su Shaojun. Wenn das Schiff den Eisberg triff, soll es rumpeln, die Titanic wird Schlagseite bekommen und die Leute sollen tatsächlich für einen Moment das Gefühl bekommen, in dem Eiswasser zu ertrinken. Die nachgebaute Titanic soll zudem „den Geist des Gedenkens nach China zu bringen“, betont Firmenchef Su.

Dennoch reißt in Chinas sozialen Medien die Kritik an dem Projekt nicht ab. Viele Nutzer werfen dem Unternehmen vor, Profit aus der menschlichen Tragödie schlagen zu wollen. Bei der echten Kollision der Titanic mit einem Eisberg kamen mehr als zwei Drittel der insgesamt 2244 Passagiere ums Leben. Su wiegelt ab. Er plane ja zudem eine Titanic-Stiftung. Sie soll Opfern von Schiffsunfällen finanziell unter die Arme greifen.

Nicht genug Platz für Rettungsboote

Nichtsdestotrotz: Der Mythos Titanic ist in China besonders präsent. Die Verfilmung von Regisseur James Cameron mit Kate Winslet und Leonardo DiCaprio im Jahr 1997 war einer der ersten Hollywood-Streifen, der in China offiziell in den Kinos lief. Der Film hat eine ganze Generation geprägt. Die Investoren rechnen damit, dass Titanic II Millionen zahlende Besucher in den geplanten Vergnügungspark locken wird.

An diesen Hype knüpft daher ein weiterer Investor an. Der australische Milliardär Clive Palmer will eine Kopie des legendären Luxusliners aufs Wasser bringen. Er verfolgt in der ostchinesischen Küstenprovinz Jiangsu diesen Plan bereits seit 2013. Und anders als der Titanic-Nachbau in der Binnenprovinz Sichuan will Palmer auf seiner Titanic echte Kreuzfahrten durchführen. Im Visier hat er reiche Chinesen. Allerdings ist es zuletzt ruhig geworden um das Großprojekt. Einige Medien mutmaßen, die Arbeiten seien wegen Konstruktionsfehlern ins Stocken geraten. Die Behörden hätten beanstandet, für das vorgesehene Deck gebe es nicht ausreichend Platz für Rettungsboote.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.12.2016)

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