Belgien: Kulturkampf um Weihnachten

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Symbolbild.(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Aus Rücksicht auf die in Holsbeek lebenden Muslime wurde die Krippe aus dem Rathaus entfernt.

Antwerpen. Im Rathaus der flämischen Gemeinde Holsbeek in Belgien herrscht in diesem Jahr keine Weihnachtsstimmung. Der Gemeinderat ließ die Weihnachtskrippe aus dem Rathaus entfernen. Das geschah aus Rücksicht gegen die in Holsbeek lebenden Muslime. Die Stadträtin des südöstlich von Antwerpen gelegenen Orts, Annelies Vander Bracht (Grüne), verteidigt den Beschluss mit den Worten: „Wir sind ein säkularer Staat. Wir müssen so neutral wie möglich sein. Deshalb haben wir die Weihnachtskrippe aus dem Rathaus wieder wegholen lassen. Sie könnte bei Muslimen Anstoß erregen.“

Die Aktion hat im überwiegend katholischen Flandern einen Proteststurm ausgelöst. Die Nationalisten von der Neuen Flämischen Allianz NV-A haben alle Bürger dazu aufgerufen, mit einer Weihnachtskrippe vor das Rathaus von Holsbeek zu ziehen und sie dort vor dem Rathaus aufzustellen. „Der Gemeinderat braucht eine Lektion in Demokratie“, so die NV-A in ihrem Protestaufruf.

Auch die flämischen Christdemokraten sind empört über das Weihnachtskrippenverbot. „Das ist der pure Unsinn. Weihnachten gehört zu unserer Kultur. Man kann doch keine Weihnachtskrippe, die die Geburt von Jesus darstellt, verbieten“, sagt der flämische Christdemokrat Achiel Claes (CD&V), vormals Gemeinderat von Holsbeek.

Der belgische Staatssekretär für Asyl und Migration, Theo Franken (NV-A), kündigte über eine Twitterbotschaft an, dass er sich an der Protestaktion seiner Partei vor dem Rathaus von Holsbeek beteiligen werde. „Ich bin dabei. Ich bringe eine große Weihnachtskrippe mit, die ich dem Gemeinderat von Holsbeek als Geschenk anbieten werde, mit der Bitte, sie aufzustellen.“

Auch in den sozialen Medien gehen die Wogen hoch. Sogar Muslime sprechen sich dabei vereinzelt für die Weihnachtskrippe aus. So schreibt der Muslim Yousef Kobo. „Wer hat euch denn weisgemacht, dass die Weihnachtskrippe für Muslime Anstoß erregend sei? Die Geburt von Jesus ist doch auch im Koran ausführlich beschrieben. Ich habe nichts gegen die Weihnachtskrippe.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.12.2016)

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