Elfenbein: Geht es den Elefanten an die Zähne?

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Die EU-Staaten sind über eine Aufhebung des Verbots für den Elfenbeinhandel uneins. Ein Expertenbericht soll nun bei der Entscheidung helfen. Der massenhaften Tötung von Tieren soll entgegengewirkt werden.

Das teure Material wird seit der Steinzeit zu Skulpturen und Alltagsgegenständen verarbeitet. Doch seit 1989 ist der Handel mit Elfenbein, dem „weißen Gold“, weltweit verboten. Ab Mitte März könnte es den Elefanten und anderen prächtigen Tieren wie Nilpferden wieder an die Zähne gehen. Denn dann entscheidet die internationale Artenschutzkonferenz (Cites) in Doha über die Aufhebung des Verbots für den Elfenbeinhandel. Waren vor zwanzig Jahren noch alle westlichen Länder der Ansicht, dass auf diese Weise der massenhaften Tötung von Tieren mit Hörnern und Stoßzähnen entgegengewirkt werden müsse, so sind sich die EU-Staaten nun uneins. Auch Österreich hat sich noch nicht entschieden.

Am kommenden Montag will die EU-Kommission, die gemeinsam mit der EU-Ratspräsidentschaft in Doha verhandeln wird, Details zu einer möglichen europäischen Position vorlegen. Danach werden die Umweltminister über das Thema beraten und eine gemeinsame Linie festlegen. Um die Entscheidung zu erleichtern, wurde von Brüssel ein Expertenbericht in Auftrag gegeben. Er soll erörtern, ob der Bestand der Tiere wieder so groß geworden ist, dass ein beschränkter Handel mit Elfenbein zu rechtfertigen wäre.

50 Dickhäuter pro Tag getötet

Tansania und Sambia haben den Antrag auf Aufhebung gestellt. Beide Länder sitzen auf einem Lager an Elfenbein, das sie nicht legal verkaufen können. Sie argumentieren damit, dass ein Handelsverbot die Jagd auf diese Tiere nicht verhindert hat. Allein im tansanischen Selous-Naturreservat werden laut der Zeitung „This Day“ täglich etwa 50 Elefanten von Wilderern getötet.

Der Schutz der Dickhäuter erfolgt in zwei Stufen, erklärt Colman O'Criodain, Experte für Wildtierhandel bei der Umweltschutzorganisation WWF im Gespräch mit der „Presse“. Aus Ländern, die sich auf einer Liste im Anhang I des Artenschutzabkommens befinden, dürfen Elefantentrophäen nur in ganz eng umrissenen Fällen importiert werden. Nur wenn ein solches Land beweist, dass alles mit rechten Dingen abgelaufen ist und die Einnahmen aus dem Verkauf von Jagdlizenzen dem Schutz der Elefantenpopulation zugutekommen, dürfen andere Länder Importlizenzen ausstellen.

Ist ein Land aber auf Anhang II des Abkommens gelistet – das wünschen sich Tansania und Sambia – und wird zusätzlich eine Menge an exportierbaren Produkten festgelegt, brauchen ihre Kunden (vor allem in China und Südasien) keine Lizenzen mehr, um solche Waren rechtmäßig einzuführen. Der Handel mit Elfenbein würde erleichtert – aber nur unter der Voraussetzung, dass Tansania und Sambia die Wilderei unter Kontrolle haben und der Bestand der Elefanten nicht gefährdet wird. Das hätte den Effekt, dass der Schutz der Elefanten für die Tansanier und Sambier lukrativ würde, was wiederum den Anreiz zum Wildern mindern würde. Darum hätte der WWF derzeit gegen den Vorstoß der beiden Länder nichts einzuwenden, auf den Anhang II zu gelangen. Eine Exportquote für Elfenbein würde der WWF derzeit aber noch nicht befürworten, sagte O'Criodain, der früher für die EU-Kommission an zwei dieser Artenschutzkonferenzen teilgenommen hat.

Die Position der Kommission ist differenziert. Dem von Tansania und Sambia beantragten einmaligen Großverkauf von Elfenbein, das tot aufgefundenen Tieren entnommen wird, will sie nicht zustimmen. Eine ähnliche Auktion wurde 2008 in Südafrika durchgeführt. Naturschützer kritisierten das scharf. Es diene als perfekte Deckung für den Handel mit gewildertem Elfenbein. Allerdings sondiert die EU-Kommission, ob ein beschränkter legaler Handel mit Elfenbein in der soeben dargestellten Form erlaubt werden sollte.

Berlakovich wartet ab

Das Europaparlament hat sich in einer Resolution bereits klar für das weitere Handelsverbot ausgesprochen. „Die afrikanischen Elefanten gelten als bedrohte Art, eine Herabstufung auf den Anhang II im Washingtoner Artenschutzabkommen könnte eklatante Auswirkungen auf die Population haben“, warnt SPÖ-Europaabgeordnete Karin Kadenbach.

Österreichs Umweltminister Nikolaus Berlakovich (ÖVP) will laut einem Sprecher der Empfehlung der EU-Kommission folgend gegen den einmaligen Großverkauf von Elfenbein stimmen. Hinsichtlich der Zulassung eines beschränkten Handels will er den EU-Expertenbericht abwarten.

Der Marktpreis für Elfenbein liegt derzeit bei etwa 800 Dollar pro Kilogramm. Wie viele Tiere derzeit allein in Afrika illegal getötet werden, ist nicht bekannt. Schätzungen liegen bei 20.000 bis 40.000 Elefanten pro Jahr.

LEXIKON

Elfenbeinhandel. Seit 20 Jahren ist der weltweite Handel mit Elfenbein verboten. Naturschützer hofften, dass damit die Population der Elefanten in Afrika und Asien wieder steigen würde. Doch das Verbot hat auch zu vermehrter Wilderei und illegalem Handel geführt. Ab 13. März wird in Doha über die Zukunft des Elfenbeinhandels beraten.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.02.2010)

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