Deutschland: Österreicher als Spion?

(c) BilderBox (Erwin Wodicka)
  • Drucken

Neue Ermittlungen gegen Bundesheer-Vizeleutnant. Laut deutscher Justiz soll S. gegen Geld einem Agenten des russischen Auslandsgeheimdienstes Gegenstände und Dokumente vermittelt haben.

München/Wien (red.). Aus diesem Schlamassel ist offenbar kein Entkommen: Harald S. (54), einem Vizeleutnant des Bundesheeres aus dem Bezirk Gmunden (OÖ), soll auf Antrag der deutschen Generalbundesanwaltschaft binnen zwei bis drei Monaten in München der Prozess wegen Spionage für Russland gemacht werden. Pikanterie: S. wurde bereits ab 2007 in Österreich wegen derselben Causa verfolgt. Das Ermittlungsverfahren wurde aber Ende 2008 eingestellt.

Laut deutscher Justiz soll S. von 1997 bis 2002 gegen Geld einem Agenten des russischen Auslandsgeheimdienstes SWR Gegenstände und Dokumente eines deutschen Helikopterherstellers vermittelt haben; zudem habe S. den Spion mit Technikern der Firma zusammengebracht. Das Gros der Anklageschrift ist vertraulich. Derzeit berate das Oberlandesgericht München über die Zulässigkeit der Anklage.

Tatsächlich hatte sich der Unteroffizier beim Fliegerregiment 3 in Hörsching etwa 1995 mit dem damaligen russischen Handelsattaché in Wien, Wladimir Woschschow, angefreundet; angeblich, ohne zu wissen, dass er SWR-Spion war. S., ein Hubschraubertechniker, handelte privat legal mit Maschinen und Flugzeugteilen und machte kleine Geschäfte mit Woschschow.

Später trat ein Ingenieur des heute „Eurocopter“ genannten Helikopterbauers, einer EADS-Tochter mit Niederlassung in Ottobrunn bei München, an S. heran und bat ihn, Kontakt mit den Russen herzustellen. Eurocopter baut u. a. den Kampfhubschrauber „Tiger“. So kam es zu einem Informationsfluss vom Deutschen an Woschschow. Die Sache flog auf, der Ingenieur wurde in München rechtskräftig wegen Spionage verurteilt.

Klage gegen Geheimdienste

S. und Woschschow wurden nach Ermittlungen der österreichischen Geheimdienste 2007 verhaftet; der Russe durfte, angeblich wegen diplomatischer Immunität, ausreisen. Die Justiz stellte ihr Verfahren gegen S. 2008 ein. Derzeit behängt eine Klage seinerseits gegen das Bundesamt für Verfassungsschutz und das Heeres-Abwehramt wegen Amtsmissbrauchs und Unterdrückung von Beweismitteln.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.09.2010)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.