Drei Jahre wird allein der Aufbau der Infrastruktur dauern, sagt eine Experten-Kommission. Das Kaiserpaar reist morgen in die Unglückszone. Beim AKW Fukushima steigen die radioaktiven Werte.
Der Wiederaufbau der durch Erdbeben und Tsunami zerstörten Städte in Japan wird nach Einschätzung einer Experten-Kommission bis zu zehn Jahre dauern. Allein die Wiederherstellung von Straßen und der Bau provisorischer Häuser werde die ersten drei Jahre in Anspruch nehmen, erklärten die von der Regierung eingesetzten Berater am Dienstag. Für den Neubau der Städte müsse mit weiteren vier Jahren gerechnet werden. Noch länger werde es dauern, alle Schäden des schwersten Erdbebens in Japan seit Beginn der Messungen zu beseitigen.
Bei der Naturkatastrophe waren im März mindestens 14.000 Menschen getötet und rund 130.000 obdachlos geworden. Die japanische Regierung schätzt den Sachschaden auf umgerechnet über 200 Milliarden Euro. Mehr als 12.000 Menschen gelten als vermisst.
Das japanische Kaiserpaar Akihito und Michiko will in den kommenden Tagen die Katastrophenregion besuchen: Am Mittwoch will das Paar nach Miyagi fliegen. Für den 2. Mai ist eine Visite in Iwate geplant. Fukushima steht am 11. Mai auf dem Terminkalender. Bereits Anfang April hatte das Kaiserpaar zwei Städte in der Region Kanto in Ostjapan besucht, die auch von dem Desaster betroffen sind.
Radioaktive Werte gestiegen
Besonders kritisch bleibt die Lage rund um das AKW Fukushima Eins, wo sich die radioaktive Strahlung im Laufe eines Monats vervielfacht hat. Wie der japanische Fernsehsender NHK am Dienstag berichtete, wuchs der gemessene Wert für Cäsium 134 und 137 etwa um das 250-fache. Bei Jod 131 sei es ungefähr das Zwölffache gewesen. Grundlage des Vergleichs sind vor einem Monat erhobene Daten. Wegen des Anstiegs räumt der AKW-Betreiber Tepco nach einigen Angaben der Beseitigung des radioaktiven Wassers nun Priorität ein.
Die Nachrichtenagentur Kyodo meldete unter Berufung auf die Atomsicherheitsbehörde, dass aus dem Reaktor 1 möglicherweise Wasser ausläuft. Dies könne das Einleiten von Kühlwasser in die innere Schutzhülle behindern, mit dem die Brennstäbe im Inneren vor dem Schmelzen bewahrt werden sollen. Ferngesteuerte Roboter sollten im Laufe des Dienstags eingesetzt werden, um Klarheit zu gewinnen.
Tepco baut neue Auffangbecken
Wie japanische Medien unter Berufung auf Tepco weiter berichteten, steigt der Pegelstand des radioaktiv verseuchten Wassers unterdessen weiter an. Es seien in den vergangenen Tagen jeweils wenige Zentimeter hinzugekommen.
Tepco hatte am Wochenende angekündigt, weitere Zwischenlager für hoch radioaktives Abwasser bauen zu wollen. Der Atombetreiber will so bis Anfang Juni Kapazitäten für 31.400 Tonnen Wasser schaffen, berichtete der Fernsehsender NHK. Danach sollen bis Dezember jeden Monat weitere Behälter aufgebaut werden, falls die Filterung des Wassers und die Kühlsysteme nicht wie geplant im Juni wieder funktionieren.
Das Unternehmen muss etwa 70.000 Tonnen radioaktiv verseuchtes Abwasser aus den Turbinengebäuden und aus Tunneln pumpen, das zur Notkühlung der beschädigten Reaktoren benutzt worden war. Das Wasser behindert die Reparaturarbeiten am Kühlsystem und gefährdet die Arbeiter.
Regierung: Kein Vergleich mit Tschernobyl
Erfahrungen mit der Tschernobyl-Katastrophe haben der japanischen Regierung nach deren Angaben im Umgang mit dem Atomunfall von Fukushima geholfen. Studien, die sich mit den möglichen gesundheitlichen Folgen der Reaktorkatastrophe in der Ukraine beschäftigen, kämen allen Menschen zugute. Diese Dinge seien "ein indirekter Faktor" gewesen, als es darum gegangen sei, Regeln zur Evakuierung und Sperrzone rund um das havarierte AKW Fukushima festzulegen, sagte Regierungssprecher Yukio Edano.
In der Ukraine war am 26. April 1986 ein Reaktor bei einer Notfallübung explodiert. Die Krise in Japan unterscheide sich allerdings von Tschernobyl, ergänzte Edano. Die freigesetzte Radioaktivität beträgt nach Angaben des Regierungssprechers ein Zehntel von dem, was in Tschernobyl in die Umwelt gelangte. Auch sei das mit Strahlung belastete Gebiet in Japan viel kleiner, zitierte die Nachrichtenagentur Kyodo den Sprecher weiter.
(Ag.)