Verseuchtes Wasser in AKW Fukushima steigt

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100.000 Tonnen radioaktives Wasser sind in der Atomruine, es soll in zusätzliche Lagervorrichtungen transportiert werden. Die IAEA lkritisiert, dass die Tsunami-Gefahr unterschätzt wurde.

Die Reparaturtrupps in der Atomruine von Fukushima kämpfen gegen zunehmende Mengen an verseuchtem Wasser. Angesichts der herannahenden Regenzeit soll die in den Reaktorgebäuden angesammelte strahlende Wasser in zusätzliche Lagervorrichtungen transportiert werden, wie der Betreiber Tepco am Donnerstag bekanntgab. In den vier beschädigten Reaktoren stehen mehr als 100.000 Tonnen verseuchtes Wasser.

Der Betreiber der Atomruine teilte mit, dass der Wasserstand im Turbinengebäude von Reaktor 2 innerhalb von 24 Stunden bis zum Donnerstag um sechs Zentimeter gestiegen sei. Neben Millionen von Litern Wasser, das zur Kühlung der zerstörten Reaktoren in die Anlage gepumpt wird, haben unlängst auch Ausläufer eines Taifuns das verseuchte Wasser in der Anlage ansteigen lassen.

Im Reaktor Eins 1 sind laut Tepco 16.200 Tonnen, in Reaktor 2 weitere 24.600 Tonnen, in Reaktor 3 rund 28.100 Tonnen und in Reaktor 4 22.900 Tonnen strahlendes Wasser. Rund 13.300 Tonnen seien bereits in einen Auffangbehälter abgepumpt worden. Die insgesamt 105.100 Tonnen Wasser hätten eine Radioaktivität von geschätzt 720.000 Terabecquerel. Das entspricht dem Dreimillionenfachen der im Jahr erlaubten Menge.

Strontium in Bodenproben

Unterdessen hat Tepco in Bodenproben vom AKW-Gelände radioaktive Substanzen gefunden, die sich in Knochen ansammeln. Man habe bis zu 480 Becquerel an Strontium-90 pro Kilogramm festgestellt, teilte der Energiekonzern am Mittwoch mit.

Die Proben wurden an drei Stellen im Abstand von rund 500 Metern von zwei der Reaktoren genommen, berichtete der japanische Fernsehsender NHK. Sobald Menschen Strontium einatmen, sammelt es sich in den Knochen an und kann Krebs verursachen. Es hat eine Halbwertzeit von 29,1 Jahren. Tepco stellte außerdem 2800 Becquerel an Strontium-89 fest. Dessen Halbwertzeit beträgt 50,5 Tage. Beide Strontium-Arten waren im März auch im Boden und in Pflanzen in der Stadt Namie sowie dem Dorf Iitate, rund 30 Kilometer von der Atomruine, festgestellt worden.

IAEA lobt Einsatz der Arbeiter

Lob für die unermüdlichen Arbeiter gab es von der Internationalen Atomenergiebehörde IAEA. Zugleich kritisierte sie jedoch, dass die Tsunami-Gefahr für das Küstengebiet am Atomkraftwerk unterschätzt worden sei. Unterdessen überstand Ministerpräsident Naoto Kan ein Misstrauensvotum, mit dem ihn die Opposition stürzen wollte.

Der 14 Meter hohe Tsunami nach dem Erdbeben vom 11. März sei ganz offensichtlich die direkte Ursache für die Katastrophe im AKW Fukushima, erklärte der Chef eines IAEA-Teams, Michael Weightman. Sein 18-köpfiges Expertenteam hatte in Japan rund eine Woche die schlimmste Atomkatastrophe seit Tschernobyl untersucht. Am Mittwoch überreichte sie der Regierung in Tokio einen Berichtsentwurf. Darin lobt die IAEA den Umgang Japans mit der Krise als "beispielhaft", mahnte aber zugleich die Unabhängigkeit der Atomaufsicht an.

Japans Atomaufsichtsbehörde untersteht dem Industrieministerium, das sich für Atomenergie stark macht. Das nukleare Regulierungssystem müsse strukturell unabhängig sein, schreibt die IAEA. "Wir sind hochbeeindruckt von der Hingabe der japanischen Arbeiter, die daran arbeiten, diesen beispiellosen Atomunfall zu überwinden", sagte Weightman. Japans langfristig angelegte Rettungsaktion, einschließlich der Evakuierung der Gebiete um das AKW, sei ebenfalls "beeindruckend und gut organisiert", urteilten die Experten aus zwölf Ländern. Ihr Abschlussbericht wird bei der Ministerkonferenz zur Atomsicherheit am IAEA-Sitz in Wien vom 20. bis 24. Juni vorgelegt.

Scharfe Kritik von Greenpeace

Scharfe Kritik an dem vorläufigen Bericht kam von Greenpeace: "Dass die IAEA-Kommission jetzt behauptet, der Tsunami sei an der Atomreaktorkatastrophe von Fukushima schuld, ist lange widerlegt und hat nur einen Grund: die wahren Ursachen, wie schlampige Wartung, unzulänglichen Katastrophenschutz und die fehlende Erdbebensicherheit der Atommeiler zu verschleiern", sagte Greenpeace-Atomexperte Christoph von Lieven. Keines der weltweiten Atomkraftwerke sei für ein Erdbeben der Stärke 9 ausgelegt.

Zumindest in seismisch aktiven Gebieten müsse dies das sofortige Aus für Atomkraftwerke bedeuten. "Die IAEA macht sich mit ihrem Statement nicht nur unglaubwürdig, sondern zeigt, dass sie ungeeignet und nicht gewillt ist, die Sicherheit von AKWs realistisch zu beurteilen", sagt von Lieven. Anders als die IAEA zeigte sich auch Japans Opposition alles andere als beeindruckt vom Umgang der Regierung mit der Katastrophe. Sie wollte Premier Naoto Kan am Donnerstag mit einem Misstrauensvotum stürzen, scheiterte jedoch damit im Parlament. Zuvor hatte Kan seinen Rücktritt in naher Zukunft in Aussicht gestellt, womit er die Rebellen im eigenen politischen Lager besänftigen konnte.

(Ag.)

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