Der Ultraviolettlicht-Weinmacher aus Österreich

Neuseeland UltraviolettlichtWeinmacher oesterreich
Neuseeland UltraviolettlichtWeinmacher oesterreich(c) Hofmann
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Der Wiener Biologe Rainer Hofmann (47) wanderte Anfang der 1990er nach Neuseeland aus – und studiert heute in Lincoln, wie man mit der Sonnenbrand erzeugenden UV-Strahlung einen besseren Wein herstellen kann.

LINCOLN/WIEN. Was passiert, wenn man zu lange in der prallen Sonne ist? Man fängt sich einen Sonnenbrand ein. Grund: die kurzwellige Ultraviolettstrahlung, die Zellen schädigt und schlimmstenfalls Hautkrebs auslöst. Was passiert, wenn man ihr Weinreben gezielt aussetzt? Auch sie kriegen eine Art Sonnenbrand – aber ergeben einen ungewöhnlich guten Wein. Angeblich so gut, dass man nur noch „Sonnenbrandwein“ trinken will.
Sagt jedenfalls Rainer Hofmann (47), Biologe aus Wien, der in Neuseeland lebt. Dort ist er Professor für Pflanzenbiologie an der Fakultät für Landwirtschaft der Lincoln University im gleichnamigen Ort nahe Christchurch auf der Südinsel. Sein Metier: Pflanzenphysiologie, also die Wissenschaft, wie Pflanzen funktionieren und auf die Umwelt reagieren.
An sich ist Hofmann, Vater Deutscher, Mutter Wienerin, aus Bayern, aber seit dem 14. Lebensjahr lebte er in Wien. In den 80ern studierte er an der Boku und am Biozentrum der Uni Wien ein Fächerbündel mit Fokus Biologie und werkte für „Global 2000“. Auf den Rat einer neuseeländischen Kollegin fuhr er mit 24 nach Neuseeland. „Ich hab mich in das Land verliebt.“ Er verlängerte sein Dreimonatsvisum, blieb fast ein Jahr und arbeitete in einem Supermarkt an der Bay of Islands. Dann bekam er eine Aufenthaltsgenehmigung. „Da wurde alles schon mal ernster.“

Ein schneller Heiratsantrag

Nach einem Zwischenspiel in Wien beschloss er mit 28, zu den „Kiwis“ zu ziehen, vorerst, um weiter zu studieren. Kurz vor der Abreise traf er eine Frau namens Angelika, was ihm die Abfahrt schwer machte. Doch da hatte Angelika einen Lotto-Fünfer, gut 1100 Euro, kaufte ein Ticket und flog nach. „Als sie da war, hab ich ihr gleich einen Heiratsantrag gemacht.“
Beide studierten und graduierten an der Landwirtschaftsfakultät der Massey-Universität in Palmerston North (Nordinsel), zwei Söhne und eine Tochter kamen, bis es 2005 nach Lincoln ging. Die Uni pflegt Austausch mit der Boku.
„In Neuseeland ist UV-Strahlung wegen des antarktischen Ozonlochs sehr stark“, sagt Hofmann, „gut 50 Prozent stärker als in Österreich. Sie haben dieselben Nutzpflanzen wie in Europa, und es war die Frage, ob das UV etwas mit den Pflanzen macht, was in Europa nicht passiert.“ Das prüfte Hofmann an Gras und Klee, „aber zum Glück hat Lincoln einen interessanten Studienzweig: Weinbau“.
Tatsächlich: „Trauben schauen in Neuseeland oft ganz verbrannt aus. Das UV bewirkt aber, dass sie ein Sonnenschutzmittel erzeugen. Und das schlägt sich auf Geschmack und andere Faktoren nieder.“ Die Schutzmittel sind aus der Gruppe der Flavonoide, Verbindungen, die unter anderem Blüten die Farbe geben. „Wir spannten UV-Schutzfolien so über Trauben, dass nur eine Hälfte bedeckt war. Wo UV durchging, waren sie verbrannt, der Rest war grün und saftig. Aus beiden machten wir Wein – und es war ein Riesenunterschied! Wenn man das zum Verkosten gibt, wollen alle den UV-Wein.“

Eine Balance von Licht und Zucker

Auch in Europa könne man UV-Wein machen, etwa, indem man die Blätter lichte, wenn das UV sehr stark ist. Allerdings dürfe man die Blätter nicht zu früh schneiden, wegen der Zuckerproduktion. Man müsse eine Balance finden, daran tüftelten Hofmanns Leute auch andernorts, etwa in Bordeaux.
Eine Rückkehr nach Österreich sei nicht aktuell, sagt Hofmann. Das liege auch an der Lockerheit und Liberalität in Neuseeland. „Mir fällt der Mentalitätsunterschied schon bei der Wortwahl auf: In Österreich sind Worte oft drohend, etwa ,Problem‘, ,Gefahr‘. In Neuseeland spricht man von ,opportunity‘ (Gelegenheit) oder ,challenge‘ (Herausforderung).

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