Zuwanderung: Sie sind gekommen, um zu bleiben

(c) AP (Jacques Brinon)
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Der neue Migrationsbericht der OECD wartet mit einer Überraschung auf. Die globale Wirtschaftskrise 2008–2009 hatte geringere Folgen als erwartet. Zuwanderung ist um etwa sieben Prozent zurückgegangen.

Paris/Wien. 4,3 Millionen. So viele Menschen sind nach Berechnungen der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) im Jahr 2009 in die 24 Mitgliedsländer der OECD eingewandert. Hinter dieser auf den ersten Blick gigantischen Zahl verbirgt sich allerdings ein deutlicher Rückgang: Im Vergleich zum Jahr davor ist die Zuwanderung um sieben Prozent zurückgegangen – und bereits 2008 wurde ein Migrations-Minus von rund fünf Prozent verzeichnet.

Diese 4,3 Millionen sind aber auch aus einem anderen Grund interessant: Angesichts des Ausmaßes der globalen Wirtschaftskrise (2008 ist in den USA bekanntlich eine Immobilienblase epischen Ausmaßes geplatzt) fiel der Rückgang der Zuwanderung überraschend gering aus, wie OECD-Generalsekretär Ángel Gurría erklärte. Seine Schlussfolgerung: „Die Migration wird wieder zunehmen. Globalisierung und Überalterung der Gesellschaften machen dies zu einer Gewissheit“, sagte Gurría, der den jüngsten Migrationsbericht gemeinsam mit dem EU-Kommissar für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten, László Andor, am Dienstag in Paris präsentierte. 2010 dürfte dies indes aber, vorläufigen Daten zufolge, noch nicht der Fall gewesen sein.

Arbeitsmigration rückläufig

Weniger überraschend ist vor diesem wirtschaftlich düsteren Hintergrund die Erkenntnis, dass sich 2009 deutlich weniger arbeitswillige Menschen auf den Weg in die OECD machten, während bei Familienzusammenführung und humanitärer Migration die Schwankungen geringer ausfielen. Besonders stark war mit 22Prozent das Minus übrigens bei der sogenannten „freien Migration“ – also der Aus- und Zuwanderung innerhalb des Europäischen Wirtschaftsraumes, wo der Migrationslust keine behördlichen Schranken gesetzt werden.

Woher kamen zuletzt die meisten Migranten? Vor allem aus China, wie sich zeigt. 2009 wanderten 468.000 Chinesen in die Länder der OECD ein, damit war gut jeder zehnte Neuankömmling stolzer Besitzer eines Reisepasses der Volksrepublik. Auf Platz zwei im Migrations-Ranking befindet sich Rumänien mit 255.000 Personen, gefolgt von Indien (226.000), Polen (204.000) und Mexiko (180.000). Aus Deutschland wanderten in dem Zeitraum 131.000 Menschen aus, was vor allem für Österreich Folgen hatte: Hierzulande stellen Deutsche mittlerweile die mit Abstand größte Zuwanderergruppe, während bei den traditionell stark vertretenen Serben und Türken ein deutlicher Rückgang verzeichnet wurde (siehe Grafik).

Viele chinesische Studenten

Dass an dieser Entwicklung deutsche Studenten einen nicht unbeträchtlichen Anteil haben, ist sattsam bekannt. Generell ist die Zahl ausländischer Studenten in der OECD trotz Rezession gestiegen und belief sich 2008 (aktuellere Zahlen lagen den Autoren nicht vor) auf gut 2,3 Millionen – hier lag der Anteil chinesischer Studenten sogar bei knapp 20Prozent.

Die OECD legt ihren Mitgliedern nahe, dafür zu sorgen, einen möglichst hohen Anteil dieser zugewanderten Hochschulabsolventen im Land zu behalten. Durchschnittlich schlägt jeder vierte Jungakademiker in seinem Gastland Wurzeln – in Österreich beläuft sich diese Quote auf lediglich 17Prozent.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.07.2011)

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