Brennende Autos in Berlin: "Vorstufe zum Terrorismus"

Brennende Autos Berlin Vorstufe
Brennende Autos Berlin Vorstufe(c) Dapd (Oliver Lang)
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Über 150 Autos wurden seit Jänner in Berlin angezündet. Die SPD warnt bereits, dass auch die RAF mit Brandanschlägen angefangen habe.

Nach der Serie von Brandanschlägen auf Autos in Berlin fordert die Deutsche Polizeigewerkschaft ein hartes Durchgreifen. Gewerkschaftschef Rainer Wendt sagte der "Bild"-Zeitung: "Wir brauchen harte und abschreckende Urteile." Die Täter seien "kranke Geister, die das Hab und Gut unbescholtener Bürger abfackeln".

Der SPD-Innenexperte Dieter Wiefelspütz warnte in dem Blatt vor einer Eskalation der Gewalt: "Das ist eine Vorstufe zum Terrorismus." Auch die RAF habe mit Brandanschlägen angefangen. "Wenn solche Täter das Gefühl haben, sie werden nicht erwischt und wenn, dann nur leicht bestraft, werden sie zu schlimmeren Taten geradezu animiert", sagte er. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) stellte sich hinter die Polizei im Kampf gegen das aggressive Verhalten: "Menschenleben werden kaltblütig aufs Spiel gesetzt."

Autos, Laster und Moped in Flammen

Auch in der Nacht auf Donnerstag haben in verschiedenen Stadtteilen Berlins wieder Autos gebrannt. Zwischen Mitternacht und 2.30 Uhr zündeten Unbekannte neun Fahrzeuge in den Stadtteilen Charlottenburg, Tiergarten und Neu-Hohenschönhausen an. Drei weitere Fahrzeuge wurden beschädigt, als die Flammen auf sie übergriffen.

Damit legten die Brandstifter in der deutschen Hauptstadt seit Wochenbeginn bei 35 Autos Feuer. Seit Jahresbeginn wurden 157 Wagen angezündet, rund 90 Fahrzeuge, die neben diesen standen wurden ebenfalls beschädigt oder brannten vollständig aus. Im Vorjahr waren 54 Wagen in Brand gesteckt und 17 benachbarte Autos beschädigt worden.

Die Berliner Kriminalpolizei geht in vielen Fällen der letzten Wochen von linksextremistischen Tätern aus. Der für politische Taten zuständige Staatsschutz der Polizei übernahm die Ermittlungen. Mittlerweile ist eine Belohnung von 5000 Euro für Hinweise auf Täter ausgesetzt.

Den Brandstiftern fallen meist teure Autos zum Opfer. Allerdings waren zuletzt auch ein Lastwagen, ein Wohnwagen und ein Motorroller darunter. Die meisten Brände gab es im westlichen Bezirk Charlottenburg, der als gutbürgerlich gilt. Doch es brannte auch in anderen Bezirken.

Rekordjahr 2009

Im bisherigen Rekordjahr 2009 gab es 145 direkte Brandanschläge, die mutmaßlich von Linksextremisten verübt wurden. Mehrere hundert Autos brannten ab oder wurden beschädigt. Im vergangenen Jahr ging die Zahl der direkt politisch motivierten Anschläge auf 44 zurück.

Die Polizei tut sich schwer damit, Täter zu finden. In den vergangenen zwölf Monaten gab es nach Informationen der Justizpressestelle lediglich drei Prozesse, von denen einer mit einem Freispruch, die anderen mit Verurteilungen endeten.

Kriminologe: "Action-orientierte junge Männer"

Der Direktor des Kriminologischen Forschungsinstituts Niedersachsen, Pfeiffer, sagt der Nachrichtenagentur AFP zu den möglichen Motiven der Täter: "Das sind vermutlich Action-orientierte junge Männer, die mangelnde Erfolge im realen Leben kompensieren wollen."

Es sei unsicher, ob hinter ihrem Handeln eine politische Aussage stecke. Pfeiffer sieht einen Zusammenhang zwischen dem starken Anstieg von Brandanschlägen auf Autos in Berlin und den Krawallen in Großbritannien. "Einen Protest größeren Ausmaßes können die Täter nicht organisieren, soviel Power haben sie nicht", sagt der Kriminologe. Das Anzünden von Autos verschaffe ihnen ein "Gefühl der Macht", weil sie die Polizei "austricksen" könnten.

(APA/red.)

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