355 Tote nach Flammenhölle in überfülltem Gefängnis

Honduras Gefaengnis Brand
Honduras Gefaengnis Brand(c) AP (Fernando Antonio)
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In dem Gefängnis in Honduras waren doppelt so viele Häftlinge wie erlaubt. Die Insassen sind verbrannt oder erstickt, weil die Zellen verschlossen blieben. Präsident Lobo ruft eine Staatstrauer aus und schickt Särge.

Nach dem verheerenden Gefängnisbrand in Honduras liegt die endgültige Zahl der Todesopfer bei 355, sagte am Donnerstag der Sprecher des Ministeriums für öffentliche Angelegenheiten, Melvin Duarte. Mehrere Verantwortliche des Justizvollzugs wurden entlassen, um eine korrekte Untersuchung der Ursachen zu ermöglichen. 475 Häftlinge hätten die Flammenhölle in dem völlig überbelegten Gefängnis von Comayagua überlebt. Sie sollten anderswo untergebracht werden, sagte Sicherheitsminister Pompeyo Bonilla.

Die meisten Häftlinge verbrannten oder erstickten in giftigen Rauchwolken, weil ihre Zellen zu spät geöffnet wurden. Die genaue Zahl der Todesopfer stand noch nicht fest. Es war unklar, wie viele Gefangene fliehen konnten. Dutzende Insassen wurden schwer verletzt. "Die Wachen haben die Tür nicht geöffnet", sagte der 69-jährige Leonidas Medina, der in einem Krankenhaus von Comayagua seinen umgekommenen Sohn betrauerte. "Sie wären nicht gestorben, wenn nur die Türen geöffnet worden wären." In der ersten Aufregung glaubte ein Teil der Wachen offenbar zunächst an eine Gefangenenmeuterei, sagte Danilo Orellana, der Leiter des Justizvollzugs. 

900 Insassen statt 400 erlaubten

Das Feuer flammte unter noch ungeklärten Umständen in der Haftanstalt auf, die rund 120 Kilometer nordwestlich der Hauptstadt des mittelamerikanischen Landes liegt. Der Gebäudekomplex wurde zum großen Teil zerstört. Zum Zeitpunkt der Katastrophe büßten dort rund 900 Häftlinge ihre Strafen ab. Das Gefängnis ist aber nur für rund 400 Insassen ausgelegt.

Hunderte Familienangehörige protestierten gegen die Überführung der Toten nach Tegucigalpa und verlangten die Herausgabe der Leichen. Die Chefin der nationalen Gerichtsmedizin, Lucy Marrder, sagte, es werde mindestens drei Tage dauern, bis die Opfer identifiziert seien. Chile schickte ein Team von Spezialisten, um den Honduranern zu helfen. Auch von der Organisation der Amerikanischen Staaten (OAS) sollen Experten nach Honduras entsandt werden.

Präsident Porfirio Lobo kündigte an, die Regierung werde die identifizierten Leichname wieder nach Comayagua bringen. Er kündigte eine dreitägige Staatstrauer an und versprach, den Familien der verstorbenen Häftlinge Särge und Geld für die Beisetzung zu geben. Die Regierungen benachbarter Staaten sicherten Honduras Hilfe zu.

Gefängnisse heillos überbelegt

In den überbelegten Gefängnissen von Honduras herrschen oft unmenschliche Bedingungen. Insgesamt bieten sie Platz für 8000 Gefangene, es sitzen aber 13.000 Häftlinge ein. Immer wieder kommt es zu Meutereien gegen die Haftbedingungen und zu Zusammenstößen zwischen Mitgliedern krimineller Banden. So wurden im Oktober des vergangenen Jahres neun Menschen bei einem Aufstand im Gefängnis von San Pedro Sula getötet.

Das Gefängnis in Comayagua war nach Angaben der Gouverneurin von Comayagua, Paola Castro, kein Hochsicherheitsgefängnis, sondern ein Modell des Strafvollzugs für Gefangene, die mittlere Strafen abzubüßen haben. Tagsüber arbeiteten die Häftlinge in der Landwirtschaft, bauten Gemüse an und mästeten Schweine. Nachts kehrten sie in ihre Zellen zurück.

(Ag.)

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