Fluggastdaten: EU-Abgeordnete für Abkommen mit USA

(c) EPA (Justin Lane)
  • Drucken

Washington hatte mit Einführung der Visumpflicht für EU-Bürger gedroht. Das Abkommen schreibt den Fluglinien die Übertragung von Passagierdaten an das US-Heimatschutzministerium vor.

Brüssel. Der seit einem halben Jahrzehnt währende Streit zwischen den USA und Europa über die polizeiliche und geheimdienstliche Verwendung der Daten von Kunden europäischer Fluglinien dürfte am 19.April enden. Dann wird nämlich das Europaparlament in Straßburg über ein Abkommen abstimmen, das die Weitergabe dieser Fluggastdaten von Europa an die USA regelt.

Seit Dienstag sieht es so aus, als würde dieses Abkommen in Straßburg eine Mehrheit erhalten. Denn ein Bericht der niederländischen Liberalen Sophie in't Veld, der seine Ablehnung empfahl, wurde seinerseits vom Ausschuss mit 31 zu 23 Stimmen abgelehnt.

Ganz frei war diese Entscheidung nicht: Vor der Abstimmung hatten die Emissäre der US-Regierung skeptischen Europaabgeordneten zu verstehen gegeben, dass die USA bei einer Ablehnung des Abkommens die Visumpflicht für jene EU-Bürger wieder einführen würden, die derzeit ohne Sichtvermerk in die USA einreisen können – darunter auch die Österreicher.

US-Behörden dürfen zugreifen

Und das war nicht das einzige Druckmittel. Die Amerikaner hätten so oder so von den Fluglinien nach Belieben Passagierdaten mit der Drohung fordern können, dass sie sonst nicht auf US-Flughäfen landen dürfen. Das bestätigte EU-Innenkommissarin Cecilia Malmström, die das Abkommen ausverhandelt hat, in einer der „Presse“ vorliegenden Beantwortung einer Anfrage der Mandatarin in't Veld.

Das neue PNR-Abkommen (PNR steht für „Passenger Name Records“) würde für sieben Jahre in Kraft treten. Es schreibt den Fluglinien die Übertragung von Passagierdaten an das US-Heimatschutzministerium vor. Kann eine Fluglinie die Daten nicht binnen zweier Jahre ab Inkrafttreten liefern, erhält die US-Behörde Zugang zu ihrem Datensystem. Diese Befugnis hatte besonders viel Kritik der Abgeordneten geweckt.

Die Daten umfassen Namen und Telefonnummern ebenso wie Angaben über die Wahl von Speisen an Bord, die Rückschlüsse auf die Religion zulassen. Sechs Monate nach ihrer Übermittlung an die US-Behörden müssen die Daten „depersonalisiert“ werden; die Namen der Passagiere sind zu löschen. Nach fünf Jahren kommen sie in eine „ruhende Datenbank“, auf die US-Beamte erschwerten Zugang erhalten sollen. Nach zehn Jahren schließlich werden die Angaben über die Fluggäste vollständig anonymisiert. Bloß: Zwecks Rasterfahndung können die Amerikaner diese Datenmengen stets verwenden – und zwar auch, um Personen zu identifizieren, „die Gegenstand von näherer Befragung oder Untersuchung werden“, wie es im Abkommenstext heißt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.03.2012)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Symbolbild
Europa

Der gläserne Fluggast wird Realität

Nach der Zustimmung des Parlaments der Europäischen Union dürfen die Vereinigten Staaten von Amerika weiter 19 Daten von Flugpassagieren, die aus Europa in die USA einreisen, 15 Jahre lang speichern.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.