Ukraine: Kastriert in nur 1:23 Minuten

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Nach Kritik an Tötungen von Streunerhunden soll deren Population tierfreundlicher reduziert werden. „Vier Pfoten“ hilft dabei. 45.000 Straßenhunde soll es allein in Kiew geben.

Wien. Wenn sich Amir Khalil sputet, dann ist die Sache in einer Minute und 23 Sekunden erledigt. „Das ist mein persönlicher Rekord“, sagt Khalil schmunzelnd – die kürzeste Zeit, die er jemals für die Kastration eines Streunerhundes benötigt hat. Normalerweise dauert der Eingriff fünf bis 15 Minuten.

In den nächsten drei Monaten hat Khalil alle Hände voll zu tun – nicht nur am Operationstisch, an dem er nur noch selten werkt. Khalil ist bei der Tierschutzorganisation „Vier Pfoten“ als Projektentwickler tätig und hat den Ukraine-Einsatz der NGO organisiert. Elf Autos und mobile Kliniken (Busse mit Operationstisch) starteten gestern von Wien aus in die Ukraine – verabschiedet vom ukrainischen Botschafter in Österreich, Andrij Bereznyi, Wiens Umweltstadträtin Ulli Sima und einer Prominentenschar. Sie sollen in den nächsten drei Monaten bis zu 10.000 Hunde kastrieren bzw. sterilisieren. Eingesetzt werden sie – öffentlichkeitswirksam – in den vier Austragungsorten der Fußball-EM 2012: Lwiw, Kiew, Charkiw, Donezk. 45.000 Straßenhunde soll es allein in Kiew geben.

Als „Hundemassenmord“ bezeichneten manche, was seit Herbst des vergangenen Jahres an die Öffentlichkeit drang. In vielen ukrainischen Städten sind herrenlose Hunde zum Problem geworden. Um sich der Überpopulation zu entledigen, greifen die Behörden seit einem Jahrzehnt zu einem fragwürdigen Mittel: Hunde werden betäubt, eingesammelt und in Öfen verbrannt, andere Tiere werden vergiftet. Nach Protesten von Tierschützern weltweit hat die Regierung die Gemeinden angewiesen, keine Tötungen mehr vorzunehmen.

„Schlechte Erfahrungen mit Menschen“

Per Gesetz seien Massentötungen schon seit 2006 verboten, sagt Botschafter Andrij Bereznyi der „Presse“. Allerdings kann auch er nicht ausschließen, dass manche Gemeinden nach wie vor an der Praxis festhalten. Die Aufmerksamkeit habe dazu geführt, dass man nun das Problem anpacke: „Die Euro ist für uns eine gute Gelegenheit, uns europäischen Standards anzunähern“. Man habe „schwierige Verhandlungen“ mit Kiew geführt, sagt wiederum Khalil, aber der öffentliche Druck sei „stark genug“ gewesen.

Umständlicher als die Kastration ist übrigens das Einfangen. Viele Straßenhunde sind scheu. „Sie haben schlechte Erfahrungen mit Menschen gemacht“, sagt Khalil.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.03.2012)

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