100 Jahre danach: Das große Geschäft mit der Tragödie

Jahre danach grosse Geschaeft
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Des Jubiläums des Titanic-Untergangs wird mit Ausstellungen, Devotionalien und Duschvorhängen gedacht. Der Geschäftssinn kennt keine Grenzen – auch nicht jene der Pietät.

Wird es einen Belfast-Effekt geben, ähnlich wie es durch das Guggenheim-Museum mit Bilbao geschah?

Seit das Museum für moderne Kunst 1997 eingeweiht wurde, hat die baskische Stadt einen ungeheuren Bau- und Besucherboom erfahren. Belfast erhofft sich Ähnliches, nachdem am vergangenen Wochenende das „Titanic Belfast“ eröffnet hat. Immerhin wurde in der Stadt vor über hundert Jahren das wohl bekannteste Schiff der Welt gebaut.

Für 100 Millionen Pfund (120 Millionen Euro), davon 60 Prozent aus Steuergeldern, wurde das Titanic-Museum errichtet, das der nordirischen Hauptstadt auch einen ökonomischen Schub geben soll. Die Hoffnung ist, jährlich rund 24 Millionen Pfund wieder einzuspielen. Dafür sind 290.000 Besucher pro Jahr nötig.

Einen ähnlichen Versuch unternimmt die Stadt Southampton in Südengland, wo die Titanic am 10. April 1912 in See stach. Hier wird genau hundert Jahre nach Start der Jungfernfahrt das „SeaCity Museum“ öffnen. Eine 25-fach verkleinerte Titanic sowie eine Simulation der Untersuchung in den 1930er-Jahren über die Gründe des Unglücks sollen das Museum prägen. Zudem präsentiert sich Southampton als „Herz der Geschichte der Titanic“ und „Tor zur Welt“.

Auch ins südwestenglische Cornwall soll das Jubiläum Gäste locken. Das „National Maritime Museum Cornwall“ sowie das „Charlestown Shipwreck & Heritage Centre“ bieten in ihren Ausstellungen Modelle des Schiffswracks sowie geborgene Gegenstände an.

Titanic im Kino, auf DVD und im TV. Aber nicht nur Museen wollen die Menschen angesichts des hundertjährigen Jubiläums einer der größten Katastrophen der Seefahrt zum Geldausgeben animieren. Filmliebhaber können nun etwa die Neuauflage von James Camerons „Titanic“ aus 1997 auch als 3-D-Version im Kino sehen. Unterschiedliche DVDs bieten zudem Einblick in das Schicksal der Titanic.

In England ist auch das Fernsehprogramm vom Untergang des Schiffs dominiert. Seit zwei Wochen läuft auf dem britischen Sender ITV eine Serie zum Thema. Der Konkurrenzsender Channel 4 strahlt heute Abend eine Dokumentation über die generellen Gründe von Schiffsuntergängen aus. Zahlreiche weitere TV-Reportagen laufen dieser Tage.

Als Sammlerstück gab das US-amerikanische „Titanic Museum“ in Missouri im letzten Jahr auch ein Titanic-Monopoly heraus, namens Titanic-opoly. Um nicht als schamlos zu gelten, kündigte der Hersteller an, einen Teil der Erlöse für das Brettspiel an Familien der Titanic-Opfer zu spenden.

Zudem veranstaltet das Museum in der kommenden Woche „A Night To Remember“, ein Titanic-Konzert, bei dem unter anderem die Countrysängerin Dolly Parton auftritt. Von zahlreichen Unternehmen werden auch diverse „Fanartikel“ angeboten. So können nun Titanic-Duschvorhänge, Eiswürfel in Schiffsform, der damaligen Mode nachempfundener Schmuck, Titanic-Puppen oder Modellschiffe erworben werden. Auch Repliken der Trillerpfeifen, Rettungsringe und des Geschirrs auf dem Originalschiff werden angeboten.


Titanic-Auktionen boomen. Sammler können im Rahmen des Jubiläums an neue Devotionalien kommen. Vielerorts kommen Gegenstände unter den Hammer, die mit dem Schiff in Verbindung gebracht werden. In New York wurden bis Montag Angebote für die Versteigerung von über 5500 geborgenen Objekten beim Auktionshaus Guernsey's angenommen. Mitte April wird der erfolgreiche Bieter bekannt gegeben, der sich verpflichtet, alle Objekte instand zu halten und der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Erlöse von rund 189 Millionen US-Dollar werden erwartet.

Vereinzelt werden auch anderswo Überreste aus dem Desaster verkauft. Die Website „GottaHaveIt.com“ bietet etwa das Telegramm eines Überlebenden an, der durch die Carpathia gerettet wurde. Das Schiff war auf Hilferufe hin an den Ort des Untergangs der Titanic geeilt. Im Telegramm schreibt der Autor: „Sicher auf der Carpathia, Telefoniere Freunde Newark New York, Burns.“

Diese halben Sätze sind allerdings nicht für wenig Geld zu haben: Der Mindestwert für das Stück liegt bei 3900 US-Dollar.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.04.2012)

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