Amoklauf heizt Stimmung gegen Roma an

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Ein Polizist tötete in der Slowakei drei Menschen, vermutlich Roma. Mit den Opfern gibt es wenig Mitleid.

Die Wahnsinnstat eines Polizisten heizt in der Slowakei die brodelnde Anti-Roma-Stimmung weiter auf. Die verschlafene Kleinstadt Hurbanovo in der Südslowakei, die einen hohen Anteil an Minderheiten (vor allem Ungarn und Roma) hat, war am Samstag Schauplatz eines blutigen Amoklaufs geworden: Ein Stadtpolizist schoss mit einer illegalen Waffe außer Dienst fünf Menschen nieder. Drei waren auf der Stelle tot, zwei wurden schwer verletzt.

Obwohl es deutliche Hinweise gibt, dass es sich bei den Opfern um Roma handelt, wollten die Behörden nichts von einem rassistischen Motiv wissen: Dagegen spreche, dass Opfer und Täter derselben Nationalität angehörten – und zwar der ungarischen.

Dass die formale Selbstdefinition als Angehörige der ungarischen Minderheit in der harten Wirklichkeit wenig zu sagen hat, zeigen Reaktionen der Nachbarn gegenüber Medien: Die Roma-Familie sei als „problematisch“ bekannt gewesen, mehrere Familienmitglieder seien wiederholt mit dem Gesetz in Konflikt geraten. Nach slowakischem Recht bestimmt jede Person selbst, zu welcher Volksgruppe sie sich zählt. Die meisten Roma deklarieren sich als Slowaken oder als Ungarn, um dem Stigma als „Zigeuner“ auszuweichen.

„Brauchen mehr solche Leute“

Klar ist immerhin der Tathergang: Der 51-jährige Milan J. sei vor ein von zwei Großfamilien bewohntes Haus gefahren und habe ohne Vorwarnung auf die Bewohner geschossen. Die Toten seien ein 44-jähriger Familienvater, sein 19-jähriger Sohn und sein 22-jähriger Schwiegersohn. Anschließend fuhr er vor das Haus der Bürgermeisterin, die aber nicht zu Hause war. Dort richtete er die Waffe auf sich und drohte, sich zu erschießen. Nach zweistündigen Verhandlungen ließ er sich widerstandslos festnehmen.

Statt Mitgefühls für die Opfer entlädt sich in Internetforen aufgestauter Hass gegen die „kriminellen Zigeuner“. Es dominieren Reaktionen wie diese: „Endlich hat einer angefangen, das Zigeunerproblem zu lösen. Wir brauchen mehr solche Leute! Warum erledigt das nicht der Staat?“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.06.2012)

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