Happy Birthday und 21 Salven für Benedikt

USA. Das Land ist im Bann des Heiligen Vaters – vor allem Präsident George W. Bush

Washington. Ist es passend, einen Papst mit 21 Kanonenschüssen zu empfangen? Den Vertreter Gottes, den Botschafter des Friedens? Das Protokoll nimmt darauf keine Rücksicht, und 21 Salutschüsse sind nun mal das Zeichen höchster Ehrerbietung. Also donnerten am Mittwoch 21 laute Knalls über Washington, die Benedikt XVI. ebenso lächelnd zur Kenntnis nahm, wie die militärische Parade vor dem Weißen Haus.

Der Deutsche ist erst das zweite Oberhaupt der katholischen Kirche, das das Weiße Haus besucht (1979 empfing Jimmy Carter Papst Johannes Paul II.). Doch mit George Bush, einem wiedergeborenen Christen, hat der Heilige Vater einen hingebungsvollen, bemühten und engagierten Gastgeber wie nie je zuvor.

Welche Bedeutung der US-Präsident dem Besuch beimisst, sah man am Dienstag, als er selbst zur Andrews Air Force Base hinausfuhr, um den Papst zu empfangen. Das tat er in acht Jahren Präsidentschaft für keinen anderen Besucher. Altgediente Weiße-Haus-Reporter können sich nicht einmal erinnern, dass das überhaupt jemals ein Präsident tat.

Von Bush abwärts sind die USA gebannt vom Papst, der bis Sonntag in Washington und New York weilt. „Ich fühle ein seltsames Kribbeln im Bauch“, erklärte ein US-Journalist, als der Papst am Dienstag um kurz nach 16 Uhr (Ortszeit) aus dem Flugzeug mit dem Funknamen „Shepherd One“ (Hirte Eins) trat; bei blauem Himmel aber einer derart steifen Brise, dass der Papst den Pileolus in der Hand tragen musste.

Strahlend war das Wetter in Washington auch am Mittwoch, als Bush den Papst im Weißen Haus empfing. 12.000 Menschen drängten sich auf dem Rasen des Weißen Hauses – so viele, wie noch nie zuvor. Als Königin Elizabeth II. vor einigen Monaten zu Besuch kam, waren es lediglich 7000.

„Ein Land des Gebets“


„Sie kommen in ein Land des Gebets und des Mitgefühls; in eine Nation, die die Bedeutung von Glauben im öffentlichen Leben schätzt“, pries Bush in seiner Begrüßungsrede die USA. Man sei zwar ein modernes Land, aber werde von „alten und ewigen Wahrheiten“ geleitet.

In Anspielung auf seinen Widerstand gegen die Abtreibung meinte der Präsident, die Botschaft des Papstes, dass „alles menschliche Leben heilig ist“, sei besonders wichtig. Man brauche auch „in einer Welt, wo einige meinen, nicht mehr länger zwischen richtig und falsch unterscheiden zu können, ihre Zurückweisung dieser Diktatur des Relativismus.“

Der Papst ging in seiner Rede auf die Bedeutung von Freiheit ein und meinte, Freiheit sei nicht nur ein Geschenk, sondern müsse verdient werden. Die USA hätten das in ihrer Geschichte erfahren. Er mahnte moralische Werte als Grundlage für politische Entscheidungen ein: „Eine Demokratie kann nur gedeihen, wenn die politischen Führer und die, die sie repräsentieren, von Wahrheit geleitet werden und mit klaren moralische Prinzipien Entscheidungen für die Zukunft der Nation treffen.“ Eine Demokratie ohne Werte könne ihre eigene Seele verlieren.
Am Ende der halbstündigen Zeremonie sangen die tausenden Besucher „Happy Birthday“ für den Heiligen Vater, der am Mittwoch seinen 81. Geburtstag feierte.

Nach dem Empfang im Weißen Haus folgte einer der Alpträume des Secret Service: Der Papst, der im Papamobil zur apostolischen Nuntiatur weiterfährt – entlang einer Route, die öffentlich bekannt gegeben wurde. Zwar ist der weiße Mercedes des Papstes kugel- und bombensicher, dennoch mussten die Zuschauer am Straßenrand durch einen Metalldetektoren gehen. Der etwa viereinhalb Kilometer lange Weg war gesäumt von Polizisten, die im Abstand von zwei Metern standen.

„Wir überprüfen alles und jeden, der mit dem Papst in Kontakt kommt. Das inkludiert die Luft, die er atmet; das Wasser, das er trinkt; das Essen, das er isst“, erklärte Secret-Service-Agent Brian Parr. Überall in Washington und New York sind Detektoren aufgestellt, die von Radioaktivität bis zu ominösen Bakterien und Viren alles aufspüren können.

Staatsdiner ohne Ehrengast


Am Abend gab der Präsident ein Abendessen zu Ehren des Papstes, an dem der Papst selbst freilich gar nicht teilnahm. Das sei kein Affront gegen den Präsidenten, erklärte Pressesprecher. Benedikt XVI. möge keine großen Staatsdiners. Gereicht wurden übrigens bayerische Spezialitäten.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.04.2008)

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