Aida Loos: »Ich habe Wien nicht gemocht«

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Symbolbild(c) APA/HERBERT NEUBAUER (HERBERT NEUBAUER)
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Kabarettistin Aida Loos parodiert in »Hartes Loos« ihr Leben als persisch-stämmige Österreicherin. Ihr Verhältnis zu Wien, sagt sie im Gespräch mit der »Presse am Sonntag« , war lange Zeit ambivalent.

Es ist schon klar. Nicht jeder muss Wien lieben, nicht jeder muss Sachertorte, den Stephansdom und das Wiener Schnitzel super finden. Aber wer gibt das schon öffentlich zu? Insofern ist die Antwort von Kabarettistin Aida Loos, wenn man sie auf ihr Verhältnis zu Wien anspricht, durchaus unerwartet. Sie sagt nämlich: „Ich habe Wien lange Zeit nicht gemocht.“ Nachsatz: „Aber mittlerweile liebe ich es.“

Doch dafür musste einiges passieren.
Fast ein ganzes Leben davor: Aida Loos kommt mit vier Jahren im Sommer 1985 nach Wien. Der Vater wollte den Iran wegen der Islamischen Revolution verlassen. Österreich kannte er, weil er in Graz studiert hatte. Mit dabei: ihre Mutter und ihre beiden Schwestern. Ihre Schwester, Leila Hossein, ist heute eine bekannte Pianistin.

Von Anfang an lebten die Hosseins (der Künstlername Loos ist eine Abwandlung ihres Familiennamens) im neunten Bezirk. Loos war alles andere als glücklich dort. „Ich glaube, ich war zu wild für Wien“, sagt sie heute mit einem Lächeln. Ihre Kindheit hat sie vor allem zornig in Erinnerung. „Ich möchte nicht auf die Wiener losgehen, aber damals war schon alles sehr verstaubt.“ Ein Ort, in dem alle eine Uniform tragen, war Wien für sie. „Seither hat sich aber viel verändert.“

Und sie sich. Um Wien zu entkommen, verbrachte Loos viel Zeit in Paris, Deutschland und Holland. Und entdeckte so ihre Liebe zur Heimat. „Wien hat schon eine sehr große Lebensqualität“, sagt sie heute. Mittlerweile begeistern sie die verschiedenen Kulissen der Stadt. Wer kann schon zwischen alten Häusern aus der Monarchie herumspazieren und sich noch am selben Tag am Panorama des Wiener Kahlenbergs erfreuen.

Mitten im Neunten. Zum Lebensmittelpunkt der 31-Jährigen zählt nach wie vor der neunte Bezirk. „Ich suche das Persönliche, deswegen liebe ich das Grätzel“, sagt sie. Es ist daher wohl kein Zufall, dass die Premiere ihres ersten Kabarett-Programms „Hartes Loos“ im Juni im Schauspielhaus im neunten Bezirk stattgefunden hat. Das Theater hatte die richtige Größe. Und: „Ich bin ein großer Fan von George Tabori.“ Er hat das Schauspielhaus von 1987 bis 1990 geleitet. In ihrem Kabarett verarbeitet Loos ihre Herkunft: persische Familie, aufgewachsen in Österreich. Erst mit 13 hat sie ihre Familie im Iran kennengelernt. „Das ist schon sehr emotional.“ In „Hartes Loos“ parodiert sie sowohl typische Wiener Figuren als auch persische. „Ganz begriffen habe ich ja weder den Perser noch den Wiener.“

Das Kabarett, jemanden zum Lachen zu bringen, ist für die Schauspielerin dabei die Königsdisziplin. „Außerdem bist du Regisseur, Schauspieler und Drehbuchautor in einem.“

Essen auf gemütlich. Ansonsten habe sie sich von beiden Ländern das Beste herausgenommen, behauptet sie. „Ich rede auf Deutsch und denke auf Persisch.“ Gemeinsam haben Iraner und Österreicher sowieso „die Gemütlichkeit und das deftige Essen“.

Für Letzteres verlässt sie auch regelmäßig ihr Grätzel im Neunten und geht ins „Beisl zum Scherer“ im ersten Bezirk auf einen Zwiebelrost- oder Vanillerostbraten. Das Beisl kennt Loos seit ihrer Kindheit – sie ist mit der Wirtstochter befreundet, die das Lokal mittlerweile auch übernommen hat. „Die war genauso wütend wie ich.“ Früher haben die Mädchen Wasserbomben aus den Fenstern geworfen. Noch heute werden hier alle wichtigen Dinge in ihrem Leben gefeiert. Der Aufbruch nach Holland, zum Beispiel, oder auch ihr Schauspieldebüt.

Allein ihr erster Versuch als Kabarettistin wurde nicht hier gefeiert, sondern in einem kleinen Kellerlokal in Favoriten. „Ein Freund hat mich damals gebeten, eine Stand-up-Comedy zu schreiben.“ Aus den Versuchen wurde mehr, ein Auftritt folgte dem nächsten. Mittlerweile geht Loos mit ihrem Programm auf Tour.

Für die richtige Kleidung sorgt dabei Xenia Bluhm vom Label „Bluhm&Schwarzer“, die in in einem kleinen Laden („Mein Design“) im vierten Bezirk ihre Sachen vertreibt. „Das ist immer so, als hätte sie die Sachen für mich geschneidert“, sagt Loos. Immer Bestandteil des Outfits: etwa zehn Zentimeter hohe Schuhe. „Natürlich kann ich gut mit denen gehen. Ich schwebe darauf“, sagt sie und lacht wieder laut. Vom zornigen Kind von damals ist nicht viel übrig geblieben. Lieber genießt sie das Leben und Abende mit Gesprächen. Viele davon finden in der Weinbar „SchWIRTz“ statt – gleich in der Nähe ihrer Wohnung, im heimischen Grätzel im Neunten. Die jungen Wirtsleute kennt sie gut. Wein, Musik und Stimmung passen dort.

Idyll und Romantik. Dann ist es aber auch der Familienbetrieb, den sie hier so schätzt. „Das ist für mich immer so ein romantisches Idyll.“ Auch in Loos' Leben ist die Familie sehr wichtig. Und gutes Essen. Beides findet sie hier in Wien. Nur das Wiener Schnitzel, das schmeckt ihr bis heute nicht.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 26.08.2012)

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