Votivkirche: Asylwerber setzen Hungerstreik fort

Asylwerber setzen Hungerstreik
Asylwerber setzen Hungerstreik(c) APA HERBERT PFARRHOFER (HERBERT PFARRHOFER)
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Seit dem 24. Dezember befinden sich mittlerweile 31 meist pakistanische Asylwerber in der Votivkirche im Hungerstreik. Die Weihnachtszeit verlief turbulent, die Kirche wurde am Dienstag für kurze Zeit geschlossen.

Wien. Zwar waren die Weihnachtsfeiertage in der Wiener Votivkirche zeitweise besinnlich, zeitweise waren sie aber vor allem eines: turbulent. Vor mehr als einer Woche haben hier rund 30 Asylwerber – die meisten stammen aus Pakistan – Quartier bezogen, am Weihnachtstag sind 18 von ihnen in den Hungerstreik getreten. Mittlerweile hat sich die Zahl auf 31 erhöht. Ihre Namen sind auf einem Plakat in der Kirche nachzulesen, an einer der hohen Säulen vor dem Matratzenlager.

Den Asylwerbern wurde im Vorhinein versichert, dass sie für die Dauer ihrer Proteste in der Votivkirche übernachten dürfen. Dienstagabend wurde die Kirche allerdings für kurze Zeit zugesperrt, wie die Unterstützter der Asylwerber per Facebook mitgeteilt haben. Tatsächlich habe der Pfarrer die Nerven verloren, heißt es, nach der Vermittlung einer Caritas-Mitarbeiterin wurde die Kirche aber wieder geöffnet. Unter einer Bedingung, wie einer der Unterstützer erzählt: Es dürfen nicht mehr als fünf von ihnen bei den Asylwerbern übernachten. Man habe dem widerwillig zugestimmt, denn es sei wichtig, dass die Hungerstreikenden eine Ansprechperson bei sich hätten – für Notfälle, für Übersetzungen und um deeskalierend zu wirken. Vonseiten der Caritas heißt es allerdings, dass diese Fünfpersonenregelung bereits seit einigen Tagen gilt.

Zu Spannungen ist es in den vergangenen Tagen eher mit Vertretern der Kirche und Caritas sowie den Unterstützern der Asylwerber gekommen als mit den Asylwerbern selbst. Caritas-Direktor Michael Landau hatte in der „Presse am Sonntag“ davor gewarnt, dass einzelne Aktivisten „die Not dieser Menschen instrumentalisieren wollen“. In der Kirche selbst wehrt man sich dagegen: Man wolle kein Chaos stiften, sondern eben helfen. Aktivisten betreuen auch die Facebook-Seite „Refugee Protest Camp Vienna“; unter anderen wurde hier zur Weihnachtsfeier vor der Votivkirche eingeladen, die am 24. Dezember mit Musik und Lagerfeuer begangen wurde.

Keine Lösung in Sicht

In der Kirche selbst kam es zu einem Zwischenfall: Eine Aktivistin wollte während des Weihnachtsgottesdienstes Flyer verteilen (auch an den Priester) und wurde vom Verfassungsschutz nach draußen gebracht. Zudem wollten am Montagnachmittag einige Aktivisten während der Messe in den Stephansdom eindringen, konnten aber von der Polizei daran gehindert werden.

Eine Lösung ist einstweilen nicht in Sicht. Landau hat am zweiten Weihnachtstag die Kirche besucht und am Gottesdienst teilgenommen. Er appellierte an alle Katholiken in der Umgebung, die Caritas bei der Flüchtlingsarbeit in der Kirche zu unterstützen. Und: Er sehe nun die Politik am Zug, wie es in einer Aussendung der Katholischen Presseagentur heißt.

Das Innenministerium hat am Montag zwar angeboten, die Asylwerber wieder in ihre Quartiere bzw. nach Traiskirchen zu bringen – das Angebot wurde aber nicht angenommen. Tatsächlich beziehen sich die Forderungen der Hungerstreikenden nicht nur auf die Aufarbeitung der einzelnen Fälle, sondern auf den allgemeinen Umgang mit Asylwerbern. Eine der Forderungen ist etwa das Löschen der Fingerabdrücke, „sodass wir in einem anderen Land um Asyl ansuchen können“, wie es in einem Flugblatt heißt.

Weitere Forderungen betreffen die Arbeitserlaubnis und eine Entscheidungsfreiheit beim Transfer in die Bundesländer. Man wolle mit dem Hungerstreik definitiv weitermachen, heißt es in der Kirche. Für heute, Donnerstag, ist eine Demonstration im Sigmund-Freud-Park angekündigt.

Auf einen Blick

Hungerstreik. In der Wiener Votivkirche befinden sich derzeit 31 Asylwerber im Hungerstreik. Damit fordern die Betroffenen u. a. eine Arbeitserlaubnis sowie das Löschen ihrer Fingerabdrücke, um im Fall eines negativen Asylbescheides in einem anderen EU-Land Asyl ansuchen zu können (laut den Dublin-II-Verordnungen werden Fingerabdrücke gespeichert und das Erstaufnahmeland ist für das Verfahren zuständig). Für heute ist eine Demonstration angekündigt.

Anmerkung der Redaktion:Wegen massiver Verstöße gegen die Foren-Regeln musste die Posting-Funktion bei diesem Artikel deaktiviert werden. Wir bitten um Verständnis.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.12.2012)

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