Parken: Volksbefragung wird wenig ändern

Parkpickerl
Parkpickerl(c) APA HELMUT FOHRINGER (HELMUT FOHRINGER)
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Wien befragt im März seine Bürger – unter anderem darüber, ob es künftig Parkpickerln bezirksweise oder für ganz Wien geben soll. Wobei das Ergebnis bei beiden Varianten ähnlich aussehen wird.

Wien. Die Wiener dürfen im März entscheiden. Deshalb startet „Die Presse“ eine Serie zu den vier Fragen der Volksbefragung. Der erste Teil widmet sich der Verkehrsfrage. Denn sie ist der Grund, weshalb die Wiener Volksbefragung im Frühjahr 2013 überhaupt stattfindet. Dabei geht es um die Parkraumbewirtschaftung, also die Ausweitung des Parkpickerls. Nachdem sich Stadtregierung und verschiedene Bezirke über die Ausweitung der Parkraumbewirtschaftung nicht einigen konnten, müssen die Wiener folgende Frage beantworten: „Wie soll die Parkplatzsituation und Lebensqualität für Bezirksbewohner verbessert werden?“ Zur Auswahl stehen zwei Möglichkeiten: a) „Es sollen für jeden Wiener Bezirk Parkraumregelungen eingeführt werden“ oder b) „Es soll Lösungen für einzelne Bezirke geben (mit Berücksichtigung der Nachbarbezirke)“. Was auch immer dabei herauskommt, es liegt dann an Parkpickerlkoordinator Leopold Bubak, den Volkswillen in die Praxis umzusetzen.

Widersprüchliche Aussagen

Was sind die Folgen bei der jeweiligen Antwort?

Variante a): Stimmen die Wiener für eine Parkraumregelung für jeden Bezirk, wird es kompliziert und juristisch heikel. Fix ist, dass Verkehrsstadträtin Maria Vassilakou in diesem Fall in ganz Wien per Studien erheben lässt, wo es Parkplatznot gibt. In der Folge soll nicht das ganze Stadtgebiet (wie die Frage auch suggeriert) zu einer einzigen Kurzparkzone werden, sondern nur Bereiche mit Parkplatznot – das aber im gesamten Wiener Stadtgebiet. Damit geraten nicht nur Areale rund um U-Bahn-Stationen bzw. S-Bahn-Stationen, die von Pendlern verparkt sind, ins Visier. Für Vassilakou geht es vor allem um das widerspenstige Währing, um Hietzing und Döbling (alle drei sind ÖVP-geführt). Handlungsbedarf besteht laut Vassilakou auch im Süden, also im Bereich von Favoriten. Allein: In all diesen Bezirken wurde die Einführung des Parkpickerls von den Bezirkschefs abgelehnt – wobei in Währing nun erneut abgestimmt wird, auch Hietzing befragt seine Bürger.

Einige Grüne meinen, falls die Wiener für wienweite Parkregelungen stimmen, könnte Vassilakou in diesen Bezirken die Parkraumbewirtschaftung einführen – gegen deren Willen. Das ist der erste Punkt, bei dem es kompliziert wird. Vassilakou könnte zwar, mit dem Votum der Wiener im Rücken, etwa Währing eine Kurzparkzone verordnen. Nur: Der Bezirk muss die Schilder finanzieren und aufstellen. Macht er das nicht, ist die Kurzparkzone ungültig. Also hängt es schlussendlich vom Bezirksvorsteher ab, ob er Schilder aufstellen lässt. Deshalb hat Vassilakou im „Presse“-Interview erklärt: Egal, wie die Abstimmung ausgeht, schlussendlich entscheiden die Bezirke.

Juristischer Eiertanz

Es wird aber noch skurriler. Denn die Rechtslage ist unklar. Es besteht die Möglichkeit, dass Vassilakou trotzdem den Bezirken „drüberfahren“ könnte – indem die Stadt die Tafeln finanziert und aufstellen lässt. Ob das rechtlich hält, ist aber völlig offen. Was rechtlich gilt, wird also zum juristischen Eiertanz. Wobei es noch komplizierter wird, weil ja Währing und Hietzing vorher noch bezirksweise abstimmen.

Vassilakou sieht politisch grünes Licht für die Ausweitung auch in Währing, wenn die Wiener für Antworta) stimmen. Was allerdings passiert, wenn die Währinger gegen das Pickerl stimmen, die Wiener aber dafür, ist völlig offen. Dann drohen Volksabstimmung und Parkpickerlausweitung ins Chaos abzugleiten – denn was zählt mehr? Die Meinung aller Wiener oder die Meinung von Bezirksbewohnern, die direkt betroffen sind?

Dazu kommt ein interessanter politischer Aspekt. Favoriten hat sich (nicht zuletzt aus Angst vor der FPÖ) gegen das Parkpickerl ausgesprochen. Auch einige SP-Bezirksvorsteher haben bereits dagegen protestiert, dass Vassilakou über ihren Kopf hinweg entscheiden soll. In der Praxis wird es die SPÖ nicht tolerieren, dass der kleine Koalitionspartner in einem roten Kernbezirk das Parkpickerl gegen den SP-Willen einführt. Fazit: Stimmen die Wiener für Antwort a), bleibt wahrscheinlich alles wie bisher: Die Bezirke entscheiden. Alles wie bisher bleibt es auch, wenn sich die Wiener für Antwort b) entscheiden, also Lösungen für einzelne Bezirke. Dann entscheiden weiterhin die Bezirksparlamente, ob das Parkpickerl eingeführt wird.

Dass Entscheidungen in den Bezirken oft politisch motiviert sind, ist evident. In den meisten Bezirken (abgesehen von der Inneren Stadt, Hietzing und Döbling – und der Josefstadt, wo es eine Pattsituation gibt) gibt es auf Bezirksebene eine rot-grüne Mehrheit – und diese könnte den Willen der rot-grünen Stadtregierung in die Bezirke tragen. Verhindert werden kann ein Pro-Parkpickerl-Beschluss nur durch einen Kunstgriff – ein VP-Bezirkschef, der einer rot-grünen Mehrheit im Bezirksparlament gegenübersteht, kann den Antrag zur Abstimmung einfach nicht zulassen (wie in Währing geschehen). Die Begründung ist dieselbe, mit der das Rathaus die von der VP gewünschte Volksbefragung über die Parkpickerl-Erweiterung zu Fall gebracht hat: „Über Gebühren darf nicht abgestimmt werden!“

Fazit: Wie immer die Verkehrsfrage bei der Volksbefragung beantwortet wird, ändern wird sich vermutlich nicht viel. Am Ende entscheiden immer die Bezirke. Sei es aus rechtlichen Gründen (die durch einen Kunstgriff möglicherweise ausgehebelt werden können), sei es durch ein politisches Faktum: Bisher hat sich noch keine Stadtregierung in Wien getraut, bei einer derartig wichtigen Frage einem Bezirk „drüberzufahren“. Oder, wie es ein mächtiger Bezirksvorsteher einmal formuliert hat: „Wenn das Rathaus etwas gegen unseren Bezirk macht, mobilisieren wir unsere Leute. Dann geht selbst der Bürgermeister in die Knie.“

Wiener Volksbefragung

Im März wird in Wien die mittlerweile achte Volksbefragung abgehalten. Die Wiener werden zu den Themen Parkraumbewirtschaftung, Olympische Sommerspiele, Privatisierung öffentlicher Dienstleistungen und Bürger-Solarkraftwerke um ihre Meinung gefragt.

>> Zur Übersicht der Fragen

Analsyen zu den Themen der Befragung:

- Parken
- Olympia
- Privatisierungen
- Bürgerkraftwerke

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.01.2013)

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