Illegales Nachwählen bei Wiener Volksbefragung möglich

Der Klubchef der Wiener Grünen, David Ellensohn.
Der Klubchef der Wiener Grünen, David Ellensohn.(c) APA/GEORG HOCHMUTH (GEORG HOCHMUTH)
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Selbst wenn erste Ergebnisse bekannt sind, ist Briefwahl noch möglich. Grünen-Klubchef Ellensohn kündigt Änderungen für "das nächste Mal" an.

Das Warten auf das Endergebnis der Wiener Volksbefragung von 7. bis 9. März wird einmal mehr ein gesundes Maß an Geduld erfordern. Denn schon wie beim Plebiszit 2010 gibt es für die Briefwähler eine tagelange Nachfrist - nämlich bis 18. März. Das ermöglicht illegales taktisches Wählen nach Wahlschluss. Der grüne Klubchef David Ellensohn räumte im Gespräch mit der Austria Presse Agentur ein, dass dies mitbedacht hätte werden sollen. Er kündigte Änderungen für "das nächste Mal" an. Das Votum selbst werde - wie vor drei Jahren - knapp sieben Millionen Euro kosten.

Obwohl die Wahllokale am 9. März um 18 Uhr schließen, können die per Post abgegebenen Stimmen noch mehr als eine Woche später - konkret bis 18. März, 14 Uhr - in der Wahlbehörde einlangen. Diese großzügige Nachfrist hatte vor drei Jahren harsche Kritik der Opposition hervorgerufen, da man theoretisch auch noch nach der Bekanntgabe erster Zwischenergebnisse sein Kreuzerl machen konnte. Dies würde dem Missbrauch Tür und Tor öffnen, hatten 2010 auch die damals noch oppositionellen Grünen kritisiert.

Die Wiener ÖVP hat auch diesmal die Nachfrist für Briefwähler kritisiert. Damit werde "dem Missbrauch Tür und Tor geöffnet", warnte Parteichef Manfred Juraczka per Aussendung. Das Plebiszit entwickle sich somit immer mehr zu einer Farce ohne Ende. "Jeder Tag bringt neue Hoppalas", höhnten die Rathaus-Schwarzen.

Das nächste Mal

"Wir werden uns bemühen, dass wir das das nächste Mal anders machen", erklärt Ellensohn: "Denn die Idee ist ja nicht, dass man ein vorläufiges Endergebnis verlautbart und sich die Leute denken: 'Na Moment, die eine oder andere Frage ist noch knapp, da füll' ich halt auch noch aus'." Konkret soll die Regelung an die unlängst erfolgte Änderung auf Bundesebene angepasst werden, sodass Kuverts bis spätestens Wahlschluss bei der Behörde eingelangt sein müssen. Verhandelt wird dies im Zuge der Wiener Wahlrechtsreform.

Diese hätte eigentlich bereits Ende 2012 unter Dach und Fach sein sollen. Die Verzögerung bis spätestens Sommer sei "schade, weil ich gern termingerecht liefere". Allerdings lägen die Positionen zwischen SPÖ und Grünen bezüglich künftiger Mandatsverteilung nach wie vor weit auseinander. "Wir haben mit 12,64 Prozent elf Mandate, die SPÖ mit 44,64 Prozent 49 Mandate." Die Grünen plädieren für ein Verhältniswahlrecht, wo jede Stimme etwa gleich viel wert ist, die Roten sehen das freilich etwas anders.

Fragen zu den Fragen

Was die Befragung selbst betrifft - sie dreht sich um Parkpickerl, Olympia, Privatisierung und Energieprojekte -, orientiert sich Ellensohn hinsichtlich der Teilnahme am Niveau von 2010, als 35,90 Prozent der stimmberechtigten Wiener mitvotierten. "Wenn wir das wieder schaffen, ist das sicher ein Erfolg."

Für einige Verwirrung hatte in den vergangenen Wochen die Formulierung der Parkpickerlfrage gesorgt - vor allem, was die Antwortmöglichkeit "Es sollen für jeden Wiener Bezirk Parkraumregelungen eingeführt werden" bedeutet. Ellensohn präzisierte, dass dies keine flächendeckende Pickerleinführung bedeute, "aber das heißt schon, dass in jedem Bezirk - dort, wo es nötig ist - die Parkraumbewirtschaftung kommt". Zwar haben rechtlich die Bezirke weiterhin das letzte Wort, aber sollte es eine Mehrheit für diese Variante geben, gehe er davon aus, dass sich die Bezirksvorsteher daran auch halten würden, zeigte sich der grüne Klubchef optimistisch.

"Wollen keinen Zwang"

Was die Frage nach dem Schutz öffentlicher Dienstleistungen vor Privatisierung betrifft, warnte Ellensohn, dass jetzt in Brüssel diskutiert werde, "ob wir gezwungen werden, unser Wasser auf den Markt zu werfen. Das wollen wir nicht. Und jetzt schauen wir, ob die Wiener Bevölkerung das auch so sieht." Allerdings zeigte sich der Grüne hinsichtlich der Wirkung des Plebiszits auf EU-Entscheidungen auch realistisch: "Man muss sich jetzt nicht einbilden, wenn wir in Brüssel sagen, wir haben das Ergebnis einer Befragung, dass dann sofort das Thema Privatisierungen beendet ist." Denn Konservative würden immer Allgemeingut verkaufen wollen, "aber jedes Argument hilft", so Ellensohn.

Im Hinblick auf die Nationalratswahl im Herbst zeigte sich der Grün-Politiker hoffnungsfroh: "Ich bin mir sicher, dass wir in Wien durch unsere Regierungsarbeit deutlich besser abschneiden werden als das letzte Mal." 2008 schafften die Grünen in der Bundeshauptstadt 16 Prozent bzw. fünf Mandate. Die Partei habe das Ziel, in Städten "nachhaltig" mehr als 20 Prozent zu schaffen. Ob dies bereits im Herbst gelingen werde, dazu wollte sich Ellensohn nicht festlegen.

Optimismus zeigte er in Sachen Rot-Grün im Bund - nicht zuletzt wegen der Performance der Stadtregierung. "Die Streitereien zwischen Faymann und Spindelegger hält ja keiner mehr aus", in Wien arbeite man hingegen an gemeinsamen Lösungen. Fazit: "Ich glaube, dass sich die Menschen geradezu danach sehnen, dass Grüne und SPÖ auch auf Bundesebene gemeinsam eine Regierung bilden."

(APA)

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