Das Naturhistorische: Ein Museum im Museum

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Präparierte Vögel und Vitrinen voller Steine. Museen wie das Naturhistorische sind selten geworden. Langsam wird das Traditionshaus moderner, doch noch immer weht durch viele Teile der Geist des 19.Jahrhunderts.

Wien. Man muss gar nicht nachts ins Naturhistorische Museum für ein wenig Grusel und Spannung. Allein in einen der düsteren Säle zu gehen, reicht schon. Knarzendes Parkett, tote Vögel, ausgestopft und aufgereiht, Tausendschaften an Insekten, präpariert, auf Spießen hinter Glas. Oder der Saurier, der sich plötzlich bewegt, drückt man den Flügel der schweren, hohen Holztür zum Saal zehn vorsichtig auf.

Man mag diese Art der Präsentation, die präparierten Tiere, die schier endlosen Sammlungen von Mineralien, Herbarien oder Insekten für antiquiert halten. Vielleicht macht aber gerade das den Charme aus: der Eindruck, durch das Museum wie durch ein Tier- und Pflanzenkabinett des 19.Jahrhunderts zu schreiten. Ein Museum im Museum zu besuchen. Wurde die Sammlung des 1889 eröffneten Hauses doch schon 1748 durch Franz Stephan von Lothringen, den Ehemann Maria Theresias, als Naturaliensammlung in der Hofburg gegründet.

Antiquierter Charme

Nach und nach aber entwickelt sich das Naturhistorische Museum in Richtung Jetztzeit. Die Urzeit wird in den am Dienstag neu eröffneten Anthropologiesälen mit allerlei Hightech, etwa einem CSI-Tisch oder einer Morphing-Station, an der man sein eigenes Gesicht mit dem eines Hominiden verschmelzen lassen kann, erlebnisreicher präsentiert (siehe Artikel unten).

Aber es ist eine langsame Erneuerung. Drei Säle sind neu – schreitet man danach durch die Flügeltür weiter, in Saal 13, liegen wieder alte Schmuckstücke, Grabbeigaben aus vorchristlichen Jahrhunderten in meterlangen Vitrinen. Statt technischer Spielereien und Sounddesign nur das schwere Ticken einer Uhr und Surren der Neonröhren im düsteren Saal.

In den vergangenen drei Jahren, seit seinem Antritt als Generaldirektor, sei schon viel geschehen, sagt Christian Köberl. Vorigen November wurde der neu gestaltete Meteoritensaal mit der weltgrößten Sammlung an Meteoriten – das Fachgebiet des Geochemikers Köberl – neu eröffnet. Auch der Sauriersaal wurde neu gestaltet.

„Es ist eine Frage der Kapazitäten und der Mitarbeiter“, sagt Köberl. Und des Geldes. Schließlich koste die Neugestaltung eines Saales ein bis 1,5 Millionen Euro. Im ordentlichen Budget seien dafür keine Mittel vorgesehen, dieses finanziert nur die Instandhaltung. Die neuen Anthropologiesäle wurden aus Rücklagen finanziert, das Geld für den neuen Meteoritensaal stammte aus einer Erbschaft.

Dennoch – das alte Museum scheint bei Besuchern nach wie vor gut anzukommen. Wiederholt war es das bestbesuchte Museum in der Langen Nacht der Museen. „Von 2009 bis 2011 hatten wir konstante Steigerungen“, sagt Köberl. 2012 wurden im Museum 564.512 Besucher gezählt, ein Plus von 11.515 Besuchern im Vergleich zum Vorjahr. Dieses Plus, so Köberl, sei aber allein auf die Besucher des „Narrenturms“ auf dem Areal des Alten AKH zurückzuführen, schließlich wurde das dort untergebrachte pathologisch-anatomische Bundesmuseum 2012 in das Naturhistorische eingegliedert.

Gold und Venus als Lockstoff

Im Stammhaus am Maria-Theresien-Platz habe sich die Zahl der Besucher im vergangenen Jahr konstant, aber auf gutem Niveau, entwickelt, so Köberl. Es sind, besonders unter der Woche, vor allem Schulklassen, die die alten Säle füllen. Jeder zweite Besucher ist unter 19 Jahren alt, und zahlt damit auch nichts. Nun will Köberl zusätzlich mehr Touristen ins Naturhistorische locken. Die nächsten Neuerungen, die dazu anstehen, sind ein eigener kleiner Saal für die Venus von Willendorf und eine Goldkammer. In dieser will Köberl die Goldschätze des Museums zeigen, die bisher im Depot liegen, weil die nötigen Sicherheitsvorkehrungen fehlen. Diese Umbauten sind für 2014 geplant.

Allerdings, so Köberl, soll das Naturhistorische kein durch und durch modernes, interaktives Museum werden. „Wir wollen eine Kombination“, sagt er. Die systematische Art der Ausstellung von Pflanzen, Tieren oder Mineralien soll bleiben, aber etwas besucherfreundlicher werden. „Auch wenn das manche Museen heute so vielleicht nicht mehr machen.“

Service

Das Naturhistorische Museum ist von Donnerstag bis Montag von 9 bis 18.30Uhr geöffnet, mittwochs öffnet das Museum ebenfalls um neun Uhr, schließt aber erst um 21Uhr, dienstags ist Ruhetag.
Der Eintritt
für Jugendliche und Kinder (bis 19) ist frei, Erwachsene zahlen regulär zehn, mit Ermäßigung acht Euro, Studenten und Lehrlinge zahlen fünf Euro.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.01.2013)

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