Während ein internationales Expertenteam den Fall neu prüft, ist ein Streit um Akten entbrannt. Die FPÖ wendet sich mit einer parlamentarischen Anfrage an Justizministerin Beatrix Karl.
Wien. Hatte der zur Überprüfung des Entführungsfalles „Natascha Kampusch“ im Vorjahr eingerichtete geheime parlamentarische Unterausschuss die Protokolle von jenen Einvernahmen des Opfers, die am 15. Oktober und am 13. November 2009 von Oberstaatsanwalt Thomas Mühlbacher durchgeführt wurden? Die FPÖ bestreitet dies, wie berichtet, und legt nun sogar mit einer parlamentarischen Anfrage an Justizministerin Beatrix Karl (VP) nach.
Darin werden 14 Fragen zum Ablauf der Einvernahmen und zum Zustandekommen der entsprechenden Protokolle gestellt (eine Anfrage zum Verbleib derselben wurde bereits eingebracht). Sektionschef Christian Pilnacek vom Justizministerium sagt dazu im Gespräch mit der „Presse“: „Aus meiner Sicht sind alle Einvernahmeprotokolle dem Unterausschuss vorgelegen.“
Ganz zufrieden war der Unterausschuss (Vorsitz Werner Amon, VP) aber nicht; in seinem abschließenden Kommuniqué hielt er – ganz allgemein – fest: „Die Arbeit des Unterausschusses wurde durch den Umstand erschwert, dass ihm nicht alle Akten vorgelegen sind.“
Mit dieser Kritik seien aber gewiss nicht die Kampusch-Einvernahmeprotokolle gemeint gewesen, so Pilnacek. Er könne sich vorstellen, dass Unterlagen zu den Vermögensverhältnissen des Entführers Wolfgang Priklopil und dessen seinerzeitigen Freundes Ernst H. gemeint gewesen seien. Diese Unterlagen seien aber nicht Teil des Ermittlungsakts.
Indessen analysiert ein internationales Expertenteam, an dem auch Beamte des FBI und des deutschen Bundeskriminalamtes beteiligt sind, das Vorgehen der ermittelnden Behörden im Fall Kampusch. Im März soll ein „umfänglicher“ Bericht fertig sein, heißt es aus dem Justizressort.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.02.2013)