Volksbefragung: Fragen "schwammig und verwirrend"

Volksbefragung Fragen schwammig verwirrend
Volksbefragung Fragen schwammig verwirrend(c) APA GEORG HOCHMUTH (GEORG HOCHMUTH)
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Experten üben harte Kritik an der Wiener Volksbefragung. Die Fragen seien verwirrend, die Themen abstrakt.

Die Wiener Volksbefragung von 7. bis 9. März ist nicht gerade der große Wurf. Dieser Ansicht sind zumindest Politikberater und Meinungsforscher. Sie bemängeln etwa "schwammige und verwirrende" Formulierungen der Fragen, sprechen von abstrakten Themen, die wenig mit der täglichen Lebenswelt der Bürger zu tun hätten, und zeigen sich skeptisch bezüglich des Mobilisierungspotenzials. Außerdem konkurriere das Plebiszit mit anderen (Landtags-)Wahlgängen um mediale Aufmerksamkeit, gaben die Experten bei einem APA-Rundruf zu bedenken.

"Es wird ganz schwer, in Wien den emotionalen Zug auf die Strecke zu bringen", erklärte Politikberater Thomas Hofer. Er hält die Befragung für eine "große kommunikative Herausforderung". Denn um die mediale Aufmerksamkeit konkurriere man unter anderem mit den beiden Landtagswahlen in Niederösterreich und Kärnten. Das könnte sich vor allem auf den heiklen Faktor der Befragungsbeteiligung auswirken.

Andere Ausgangslage als 2010

Die Ausgangslage sei eine gänzlich andere als bei der vergangenen Wiener Volksbefragung 2010. Weil die Kommunikation über die Parkraumbewirtschaftung schiefgegangen sei, habe man aus einer Notlage und einer Defensivsituation heraus die neue Befragung initiiert. Laut Hofer haben beide Parteien jeweils eine Frage eingebracht, deren Ergebnis sie auf jeden Fall feiern können. Bei der SPÖ sei das die Privatisierung des kommunalen Betriebe, bei den Grünen die Nutzung Alternativer Energieformen. Hier handle es sich um den Versuch, bestehende Parteipositionen zu untermauern.

Nur Olympia-Stadt "heißes Thema"

Die Fragestellungen hält Hofer zum Teil für suggestiv, wie etwa jene der Privatisierungen. "Das ist keine Entscheidungsfrage", so der Politikexperte. Zum Teil seien die Fragen auch "äußerst schwammig und verwirrend formuliert" wie etwa die Parkpickerl-Frage. Alleine mit Wien als Olympia-Stadt habe man ein heiß debattiertes Thema, "mit dem man vielleicht ein bisschen was schaffen kann".

Den Versuch zu emotionalisieren und die Vermischung mehrerer strategischer Absichten sieht Politikwissenschafter Peter Filzmaier. Es sei vor allem darum gegangen, das Thema Parkpickerl nicht alleine abzufragen. Deshalb hätten sich die Regierungsparteien Themen gesucht, bei denen es wie bei der Privatisierung des Wassers kaum Gegner gebe oder die Informationslage wie bei Olympia sehr abstrakt sei. "Durch diese strategischen Hintergründe leidet die Konkretheit, das könnte auch ein Mobilisierungsproblem ergeben", so Filzmaier.

Bei mehreren Fragen gebe es keine klaren Sieger oder Verlierer und das Risiko eines ungewünschten Ergebnisses minimiere sich. "Man überlagert das Thema Parkpickerl mit anderen Fragen, die keine unmittelbare Brisanz haben", erklärte Filzmaier. 2010 hätten noch alle Fragen mit der täglichen Lebenswelt der Wiener zu tun gehabt, das sei bei der heutigen Befragung kaum der Fall. Dennoch sei mehr direkte Demokratie grundsätzlich zu begrüßen: Auch wenn Parteitaktik, ungenügende Informationen im Vorfeld und falsche Zeitabläufe Volksbefragungen häufig bestimmten, dürfe man nicht das Instrument an sich infrage stellen. "Wenn ich direkte Demokratie ernst nehme, muss ich regelmäßig Befragungen durchführen", zeigte sich der Experte überzeugt.

Auswirkungen auf Wahl gering

Die Auswirkungen auf die Nationalratswahl im Herbst beurteilen sowohl Hofer als auch Filzmaier als sehr gering. "Die Themen sind nicht geeignet, bundespolitisch eine große Rolle zu spielen", meinte Hofer. Filzmaier sah bestenfalls "organisationspraktische Auswirkungen, wenn die Parteien ihre Apparate schon mobilisieren und zum Laufen bringen."

Werner Beutelmeyer vom market-Institut sieht in den Themen durchaus Mobilisierungspotenzial, "da sie sehr unterschiedliche Zielgruppen betreffen und sehr breitflächig gewählt sind." Dennoch sei die Befragung ein "gefährliches Spiel der Politik". Denn wenn ein klarer Entscheid des Volkes vorliege, sei die Politik auch gefordert, Lösungen zu finden und diese umzusetzen. Geschieht das nicht, müssten die Regierungsparteien mit großer Enttäuschung bei den Wählern rechnen. Alternative Energien, Wasserprivatisierung oder Olympia könnten schnell zu "nicht beherrschbaren Themen" werden.

(APA)

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