Volksbefragung: Olympia als Häupls Vermächtnis

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Volksbefragung Olympia Haeupls Vermaechtnis(c) APA/ROBERT JAEGER (ROBERT JAEGER)
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Michael Häupl will sich mit der Frage, ob sich Wien für die Austragung der Olympischen Spiele 2028 bewerben soll, als Visionär profilieren und sich im Fall einer Zusage ein Denkmal setzen. Ein riskantes Unterfangen.

Wien. Michael Häupl ist siegessicher – sollte sich Wien als Gastgeber für die Olympischen Sommerspiele 2028 bemühen. „Wenn wir uns bewerben, werden wir gewinnen“, prophezeit der rote Bürgermeister. Damit es überhaupt so weit kommt, müssen die Wiener bei der Volksbefragung von 7. bis 9.März erst einmal mehrheitlich mit Ja antworten. Auf eine Frage, die aus dem Hut gezaubert wurde, um zum einen das nicht immer glücklich kommunizierte Reizthema Parkpickerl nicht allein abzufragen. Und zum anderen um den möglichen Anstoß für Häupls Ehrenplatz in den Geschichtsbüchern zu geben – als der Mann, der die Olympischen Spiele nach Wien holte. Dass für jemanden, der mehr Regierungsjahre hinter als vor sich hat, sein Vermächtnis immer wichtiger wird, liegt auf der Hand.

Die Gastgeberschaft des größten Sportevents der Welt anzustreben ist aber zweifellos eine High-risk-Variante, die Häupl zum Verhängnis werden könnte. Auch und vor allem bei einem Okay der Bevölkerung und einer siegreichen Bewerbung. Dann nämlich, wenn wie von vielen befürchtet, die Kosten für die Vorbereitungen explodieren, die notwendige Sanierung der Sportstätten zum Fiasko wird (Stichwort: misslungene Sanierung des Stadthallenbades) und Grund- und Wohnungspreise steigen. Entwickelt sich Olympia in Wien hingegen zu einer großen Erfolgsgeschichte, kann sich Häupl seiner Denkmalsetzung sicher sein.

Auch bei einer negativen Abstimmung der Bevölkerung dürfte der Bürgermeister mit einem blauen Auge davonkommen. Zwar wäre der Schuss, der Volksbefragung etwas Glanz zu verleihen und von der Parkpickerlfrage abzulenken, nach hinten losgegangen – was eine persönliche Niederlage für Häupl bedeuten würde. Er hätte sich aber zumindest als Visionär inszeniert. Als jemand, der an die Jugend denkt und den Breiten- ebenso wie den Spitzensport fördern will, bei seinem Vorhaben aber im Stich gelassen wurde.

44 Prozent für eine Bewerbung

Wie sehr diese Frage polarisiert, zeigt eine Studie von Makam Research, für die 500 Personen befragt wurden. Demnach können sich 44 Prozent der Wiener für eine Olympiabewerbung begeistern, 36 Prozent halten nichts von diesem Plan. Der Rest interessiert sich für das Thema eher nicht. Vor allem jüngere Wiener sind von der Idee angetan, ältere sind hingegen mehrheitlich skeptisch. Aber: Immerhin 78 Prozent erwarten durch die Austragung der Spiele einen hohen Werbeimpuls für Wien.

Was jedenfalls für eine Zustimmung der Bürger sprechen könnte, ist das Timing. Vor dem Hintergrund der für Österreich medaillenlosen, demütigenden Situation nach den Spielen in London ist die Frage ein geschickter Schachzug. Insbesondere der Überraschungseffekt – für die meisten kam diese Frage doch unerwartet – kann sich motivierend auswirken.

Sollte das Votum mit Ja ausgehen, wünscht sich Häupl, dass auch Nachbarregionen in das sportliche Großvorhaben eingebunden werden, zum Beispiel die slowakische Hauptstadt Bratislava. Ihr Bürgermeister, Milan Ftáčnik, zeigt grundsätzlich Interesse an einer Teilnahme: „Wir sind offen für alles. Wir sind wirklich nah beieinanderliegende Städte, und wir hoffen, die Zusammenarbeit zu intensivieren. Dies könnte eine Möglichkeit sein“, sagt Ftáčnik. Gespräche über eine Kooperation habe es aber noch nicht gegeben.

Barcelona als Vorbild

Als olympisches Vorbild nennt Häupl im Übrigen Barcelona. Die Stadt gilt weltweit als Paradebeispiel für eine positive Stadtentwicklung nach der Durchführung Olympischer Spiele (1992). Dort entstanden neue Stadtviertel, bessere Verkehrswege und ein Imagewechsel, der noch heute ausländische Touristen in Massen anlockt. Die Zahlen stiegen nach den Spielen von einer Million Touristen pro Jahr auf heute 7,5 Millionen. Die Stadtentwicklung hat jedoch auch zu erhöhten Wohnungspreisen geführt. Allein zwischen 1986 und 1990 sind die Kaufpreise um rund 240 Prozent gestiegen.

Dass es durch Olympische Spiele auch in Wien zu nennenswerten Teuerungen auf dem Wohnungsmarkt kommt, glaubt Alexander Ertler, Geschäftsführer von immobilien.net, nicht, „da die Aufwertung einer Gegend von verschiedenen Faktoren wie Freizeit-, Verkehrs-, Gesundheits- und Bildungsinfrastruktur abhängt. Neue Sportstätten allein reichen dafür nicht“. Lokal könne es im Vorfeld zwar spekulative Blasen geben, „diese werden aber nach den Spielen platzen“.

Allein die Bewerbung für die Olympischen Spiele würde 80 bis 100 Millionen Euro kosten. Die Kosten für die Austragung der Spiele seien nicht abschätzbar. Zum Vergleich: Olympia 2004 in Athen kostete rund neun Milliarden Euro, London 2012 sogar zwölf Milliarden, allein 20 Millionen wurden für die Kandidatur ausgegeben.

Auf einen Blick: Thema Olympische Spiele

Was gefragt wird: „Soll sich die Stadt um die Austragung der Olympischen Sommerspiele 2028 bemühen?“ Bei einem Ja hat Michael Häupl die Bewerbung, die 80 bis 100Millionen Euro kosten würde, fix angekündigt. Die Gesamtkosten für die Austragung von Sommerspielen sind derzeit nicht abzuschätzen. Olympia in London kostete rund zwölf Milliarden Euro.

Worum es wirklich geht: Die Olympia-Frage wird gestellt, um das unglücklich kommunizierte Thema Parkpickerl nicht allein abzufragen und der Volksbefragung einen gewissen Glanz zu verleihen. Zudem will sich Häupl als Visionär profilieren und sich im Fall einer Zustimmung der Bevölkerung und einer siegreichen Bewerbung ein Denkmal setzen. Es geht also auch um sein Vermächtnis.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.03.2013)

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