Asylwerber: Neue Besetzung möglich

(c) Clemens Fabry
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Nach dem Umzug ins Servitenkloster wollen die Asylwerber weiterverhandeln. Sollte es nicht bald ein Ergebnis geben, wird eine neue Besetzung überlegt.

Wien. „Das ist kein Mini-Traiskirchen“, sagt Mir Jahangir. „Wir sehen das hier nicht als dauerhaften Ort.“ Es ist die erste Pressekonferenz, die die Gruppe der Asylwerber abhält, seit sie am Sonntagmorgen aus der Votivkirche abgezogen ist und nun im ehemaligen Servitenkloster am Alsergrund ihr Lager aufgeschlagen hat. Als Gäste der Erzdiözese Wien, die damit einigen Druck aus der angespannten Lage nehmen konnte.

Doch so groß die Dankbarkeit der Asylwerber, die nach 76 Tagen auf dem kalten Kirchenboden nun deutlich wohnlicher untergebracht sind, auch ist, so wenig wollen sie den Ortswechsel als Ende ihres Protests verstanden wissen. „Wir sind hier, um den Protest weiterzuführen“, sagt Jahangir, der sich seit Beginn der Proteste als Sprecher hervorgetan hat. „Und wir hoffen auf neue Lösungen.“ Und das in absehbarer Zeit – man plane jedenfalls, nur etwa zwei bis drei Monate hier zu bleiben. „Wenn nicht, werden wir vielleicht andere Orte besetzen.“

„Weiterkämpfen“

Es ist nur ein kleiner Nebensatz, der im Verlauf der Pressekonferenz eher untergeht, denn im Vordergrund bedankt man sich bei allen Beteiligten – beim Kardinal, bei der Caritas und bei einzelnen Mitarbeitern, zu denen man in den vergangenen Wochen ein Vertrauensverhältnis aufgebaut hat. Und man betont, dass es nicht darum ging, ein warmes Quartier zu bekommen, sondern dass man weiter für Menschenrechte kämpfen will – und den Abzug aus der Votivkirche als Bereitschaft zur Kooperation betrachtet.

Tatsächlich hatten sich die Asylwerber lange geweigert, die Kirche zu verlassen, hatten sie das Angebot eines Umzugs in ein anderes Quartier abgelehnt. Doch zuletzt entschied man sich dann doch dafür. Weil man nun ein Vertrauensverhältnis aufgebaut habe, heißt es bei der Caritas, und weil man sich auf den von Kardinal Schönborn versprochenen Schutz verlasse, sagen die Asylwerber. Mit ein Grund mag auch gewesen sein, dass der Druck zuletzt deutlich größer geworden war – ein Sprecher der Gruppe war vor der Kirche aufgegriffen und in Schubhaft gesteckt worden. Und auch in Kirchenkreisen, so geht das Gerücht, sei man schon langsam ungeduldig geworden.

Klaus Schwertner, Geschäftsführer der Caritas, betont vor allem, dass man froh sei. Schließlich sei es nach langen Verhandlungen gelungen, „eine Aktion der Verzweiflung in der Kirche friedlich zu beenden“. Und auch er sagt Danke – an die Stadt Wien und an das Innenministerium. Dafür nämlich, dass man nicht der Versuchung erlegen sei, „auf dem Rücken der Flüchtlinge politisches Kleingeld zu machen“. Sondern dass man die Asylwerber durchaus ernst genommen habe – was ihnen auch zustehe: „Auch Gewerkschaften tauchen mit zum Teil unrealistischen Forderungen auf“, so Schwertner, „und die werden auch nicht belächelt.“

Fürs Erste ist nun also ein wenig Ruhe in die Sache gekommen. Denn auch, wenn die Pressekonferenz im Servitenkloster gut besucht ist, und die Asylwerber sie keinesfalls als Abschlussbilanz verstehen, so ist man hier doch an einem deutlich weniger prominenten Ort. Und auch deutlich weniger sichtbar. Was viel Druck von den Beteiligten nimmt, gleichzeitig aber auch eine deutliche Einbuße an öffentlicher Wahrnehmung mit sich bringt.

Immerhin, eines haben die Protestierenden erreicht: Für jeden der 63 Menschen, die nun im Servitenkloster leben, wird es eine Prüfung seines Status geben – auch für jene, deren Asylantrag bereits rechtskräftig abgelehnt wurde. Dabei, das haben die Männer auch versichert, werde man mit den Behörden kooperieren. Und man erwarte nun, so sagen es die Asylwerber, auch von den Behörden ein gewisses Entgegenkommen.

Auf einen Blick

Umzug: 76 Tage lang besetzte eine Gruppe von Asylwerbern die Votivkirche, um für Änderungen im Asylwesen zu protestieren. Am Sonntagmorgen nahmen die 63 Männer das Angebot an, in das Servitenkloster umzuziehen. Den Protest wollen sie fortsetzen – und wenn nötig, überlegen sie auch eine erneute Besetzung.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.03.2013)

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