Das frivole Wäschermädel, die resche Marktstandlerin, der freche Schusterbub oder der dubiose "Pülcher" gehörten jahrzehntelang zur urbanen Folklore. Tatsächlich war das romantische Bild meist ein Klischee, das mit der Wirklichkeit nichts zu tun hatte. Das Wien Museum hat sich nun auf die Spuren der populären Figuren begeben. Bis zum 6. Oktober zeigt es die Ausstellung "Wiener Typen - Klischees und Wirklichkeit". Wäschermädel, 1886, aus der Fotoserie "Wiener Typen" von Otto Schmidt (c) Wien Museum
(c) Birgit und Peter Kainz
Im Rahmen der Ausstellung wird eine Zeitreise unter anderem ins ausgehende 19. Jahrhundert unternommen. In dieser Epoche erlebten die "urtümlich" wienerischen Protagonisten in der Literatur, in der Malerei sowie in ersten Fotografien ihre Hochblüte. Gleichzeitig waren sie im Alltag immer weniger präsent. Die idealisierenden Bilder hatten unter anderem die Aufgabe, dieses Verschwinden zu kompensieren, erklärt Museumsdirektor Wolfgang Kos. "Flitscherl", um 1910, Fritz Winter Ansichtskarte (c) Wien Museum
(c) digitalsisiert von Kainz Peter
In einer Stadt, die damals zum Beispiel mit dem Bau der Ringstraße grundlegend umgestaltet wurde, lebten die ikonografischen Typen als eine Art Erinnerung an "Alt-Wien" weiter. "Mädel mit Waldholz", nach 1798, Johann Christian Brand Kupferstich (c) Wien Museum
Wobei es vor allem Vertreter des einfachen Volkes wie Hausierer, Müllsammler und Straßenverkäufer waren, die hier eine maßgebliche Rolle spielten. "Sänger und Geiger in einem Hinterhof", um 1910, Moriz Jung / Wiener Werkstätte Bildpostkarte (c) Wien Museum
(c) Wien Museum Peter kainz
Zeitgenössische Tätigkeiten eigneten sich hingegen eher nicht zur Idealisierung: "Die tatsächlich neuen Berufe wie die Arbeiter in den Fabriken fehlten hier", betonte Kos. Salamiverkäufer, um 1780, Johann Christian Brand Kupferstich (c) Wien Museum
In der Ausstellung wird ein sozialhistorischer Blick auf das urwienerische Figurenensemble geworfen. Gezeigt wird auch das wahre Leben hinter den Kunstprodukten, das oft von Armut und großer körperlicher Belastung geprägt war."Blumenmädchen", 1903, Josef Engelhart Gemälde (c) Wien Museum
Auch Aspekte wie Kinderarbeit - die bis 1918 legal war - oder die Lebensumstände von Straßenmusikanten werden beleuchtet. Leiermann, um 1835, August Heymann Aquarell (c) Wien Museum
(c) Wien Museum Peter kainz
Zu sehen sind weiters früheste Darstellungen: Druckgrafische Serien mit Protagonisten aus der Unterschicht waren schon ab dem 16. Jahrhundert populär. Scherenschleifer, um 1820, Josef Lanzedelli Lithografie (c) Wien Museum
(c) Wien Museum Peter Kainz
Es ist übrigens dem Medium Fotografie zu verdanken, dass auch authentische Bilder der "Wiener Typen" überdauert haben. Zunächst wurden diese im Atelier aufgenommen, später wurden die Figuren auch auf der Straße abgelichtet - wenn auch gelegentlich noch kostümiert, offenbar um den Erwartungen des Publikums zu entsprechen. Maronibrater, 1881, Foto von Emanuel Wähner (c) Wien Museum
(c) Wien Museum Peter Kainz
Inzwischen ist nicht nur dieses Personal, sondern auch der klischeebeladene Umgang damit weitgehend verschwunden. Wobei der "typische Wiener" im Film bzw. im Fernsehen auch in der Nachkriegszeit noch auftauchte - etwa als Dienstmann oder als "Mundl" Sackbauer. "Hallo Dienstmann!", 1952, Filmprogramm (c) Wien Museum
Und auch einige Berufe sind nach wie vor imagebildend für die Stadt: Der Heurigenmusikant, der Kaffeehauskellner und der Fiaker haben die Zeiten überdauert. "Wiener Typen - Klischees und Wirklichkeit". 25. April bis 6. Oktober. www.wienmuseum.at Pülcher, 1886, Foto von Otto Schmidt (c) Wien Museum
(c) digitalsisiert von Kainz Peter
''Wiener Typen'' im Wien Museum
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