Jüdische Gemeinde: Flyer gegen Museum

Manfred Bockelmann setzt 'Zeichen gegen das Vergessen'
Manfred Bockelmann setzt 'Zeichen gegen das Vergessen'Lukas Wögerer / Manfred Bockelma
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Die IKG kritisiert, dass es dem Museum nicht zustehe, den Holocaust zu thematisieren.

Wien. Die Ausstellung hat bereits im Vorfeld für Furore gesorgt: Seit Donnerstag präsentiert das Wiener Leopold-Museum Kohleporträts des Künstlers Manfred Bockelmann, die im Holocaust ermordete Kinder zeigen. Mit dieser Ausstellung kam auch die Frage auf, ob just das Leopold-Museum mit einer solchen Schau den Holocaust thematisieren darf – immerhin wird gerade dieser Einrichtung oft ein leichtfertiger Umgang mit Restitutionsfragen vorgeworfen.

Zur Ausstellungseröffnung jedenfalls übten sich einige Aktivisten und Mitglieder der Israelitischen Kultusgemeinde (IKG) in Aktionismus: Sie verteilten Flyer – etwa mit dem Aufruf „Restituieren nicht vergessen!“ – an die Museumsbesucher. In den nächsten Tagen soll die Aktion, die bisher laut Beteiligten auf reges Interesse gestoßen sei, fortgesetzt werden.

„Die Ausstellung“, sagt Erika Jakubovits, Restitutionsbeauftragte der IKG, „suggeriert dem Besucher, dass die Themen Holocaust und Restitution Anliegen des Museums sind.“ Wenn dem aber wirklich so wäre, so Jakubovits, „dann würden sie restituieren“. Die Aktion richte sich nicht gegen den Künstler selbst, dem Museum aber stehe es nicht zu, eine solche Ausstellung zu zeigen. Der Künstler Bockelmann – er ist Bruder von Sänger Udo Jürgens – sagte während der Pressekonferenz zur Ausstellungseröffnung, dass es ihm darum gehe, den Holocaust als Warnung zu vermitteln – alles andere interessiere ihn höchstens „sekundär“ („Die Presse“ berichtete). Der Kurator der Ausstellung, Diethard Leopold (Sohn des verstorbenen Kunstsammlers und Namensgeber des Museums, Rudolf Leopold), meinte dazu: „Es ist mein Programm, aus einem Problem eine Ressource zu machen.“ Vorwürfe – etwa von der IKG –, dass das Museum seiner moralischen Verpflichtung nicht nachkomme, weist Diethard Leopold zurück: Es habe „niemals an schändlichen Aktivitäten teilgenommen, wie der Akquirierung jüdischen Eigentums zu Billigpreisen“, wie er in einem Kommentar, der im „Standard“ erschienen ist, schreibt.

Museum „abgesperrt“

Die Fronten zwischen der IKG und dem Leopold-Museum sind bereits seit geraumer Zeit verhärtet. Neben der verbalen Auseinandersetzung sind es auch Aktionen, mit denen man auf das sensible Thema Restitution aufmerksam machen will. So wurde das Museum vor fünf Jahren bei einer Aktion mit Absperrbändern abgeriegelt.

Erschwert wird die Debatte dadurch, dass das Museum zwar eine Privatstiftung ist – allerdings mit finanzieller Beteiligung der Republik. Wäre das Leopold-Museum ganz im Besitz der öffentlichen Hand, sagt Jakubovits, dann wären die betroffenen Kunstwerke sicherlich zurückgegeben worden (Restitutionsgesetz). Wobei sich in letzter Zeit durchaus etwas bewegt hat: Das Museum hat im Februar drei Grafiken Egon Schieles versteigert, um damit den Vergleich mit den Erben Jenny Steiners abwickeln zu können. Das Museum konnte so das Gemälde „Häuser am Meer“ (Schiele) behalten. Für Jakubovits sind solche Vergleiche nicht zufriedenstellend: „Wenn man verkaufen kann, kann man auch restituieren.“

Ausstellung. Der Künstler Manfred Bockelmann stellt im Leopold-Museum Kohlezeichnungen von Kindern aus, die im Holocaust ermordet wurden. Die Israelitische Kultusgemeinde kritisiert, dass die Bilder in jenem Museum gezeigt werden, das in Sachen Restitution Nachholbedarf habe. Daher werden vor dem Museum Flyer verteilt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.05.2013)

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