Werner-Lobo: "Straße nach Omofuma benennen"

Archivbild: Klaus Werner-Lobo im Jahr 2010
Archivbild: Klaus Werner-Lobo im Jahr 2010(c) Bruckberger
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Klaus Werner-Lobo, Kultursprecher der Grünen, spricht sich für die Umbenennung von Straßennamen aus. Dabei sollen künftig mehr Frauen und Migranten zum Zug kommen. Ein "Presse"-Interview.

Die Presse: Eine Historikerkommission hat sich mit insgesamt 4379 personenbezogenen Straßennamen in Wien beschäftigt und 159 Benennungen wegen nationalsozialistischer, antisemitischer oder antidemokratischer Bezüge als „besonders kritisch“ eingestuft. Umbenennungen werden dennoch nicht empfohlen, um die Geschichte nicht schönzureden. Teilen Sie diese Einschätzung?

Klaus Werner-Lobo: Nein, in schweren Fällen sollten Umbenennungen kein Tabu sein. Weil es zum einen um das Bild Wiens als weltoffene Stadt geht, und zum anderen um die Frage, ob sich die Bewohner für ihre Adresse schämen müssen. So, wie sich die Universität dafür geschämt hat, am Karl-Lueger-Ring adressiert zu sein. Und die Geschichte nicht schönreden zu wollen, hindert uns nicht daran, Straßen anders zu benennen. Wir könnten eine Straße umbenennen und mit Zusatztafeln und weiterführenden Informationen im Internet erklären, wie diese Straße früher hieß und warum der Name geändert wurde.


Tafeln mit Zusatzinformation schlägt auch die Kommission vor, aber ohne die Straßen umzubenennen.

Solche Tafeln sind doch wohl das Mindeste. Im Übrigen finde ich nicht, dass in dieser Studie die Frage der Umbenennungen ausreichend geklärt wird. Sie beinhaltet widersprüchliche Aussagen. Daher wünsche ich mir, dass Experten und die Bevölkerung miteinbezogen werden, um in diesem Punkt nach einem öffentlichen Diskurs zu einem eindeutigen Ergebnis zu kommen. Unklar ist für mich auch die Unterscheidung zwischen den Kategorien A und B. Bei der Kategorie A bestehe „intensiver Diskussionsbedarf“, bei B nur „Diskussionsbedarf“. Dahinter erkenne ich keine wissenschaftliche Systematik. Für mich ist bei beiden Gruppen gleichermaßen Diskussionsbedarf gegeben.

92 Prozent der personenbezogenen Straßennamen in Wien sind männlich. Wie kann man sicherstellen, dass bei den Benennungen künftig mehr Frauen berücksichtigt werden?

Wir haben auf meine Initiative hin vorletzte Woche einen Antrag dazu eingebracht, der erstaunlicherweise einstimmig beschlossen wurde. Vielleicht haben ihn die FPÖ und ÖVP nicht genau genug gelesen, früher haben sie sich nämlich immer dagegen gewehrt. 53 Prozent der Wiener Bevölkerung sind Frauen. Viele von ihnen haben sich um diese Stadt verdient gemacht, was sich im Stadtbild nur mangelhaft wiederfindet. Daher haben wir die Bezirke, die das Vorschlagsrecht haben, aufgefordert, Straßen künftig mehrheitlich nach Frauen zu benennen. Sollten sie das nicht machen, werde ich im Kulturausschuss dafür sorgen, dass Männer auf der Warteliste landen. Solange, bis wieder mehrheitlich nach Frauen benannt wird. Maßnahmen wie diese sind notwendig. Es reicht nicht, einfach nur zu mehr Gleichgewicht aufzurufen.

Fordern Sie auch die vermehrte Benennung nach Wienern mit Migrationshintergrund?

Natürlich. Wien war immer eine Zuwanderungsstadt. Schon Ende des 19. Jahrhunderts waren nur 30 Prozent der Bevölkerung in Wien geboren. Das muss im Stadtbild sichtbar gemacht werden. Nicht nur bei Straßennamen, sondern im gesamten Kulturleben – in Theatern, Museen oder auch bei Denkmälern. Wir stellen derzeit eine Liste mit Namen zusammen und würden uns freuen, wenn sich die Bürger daran beteiligen und uns Vorschläge schicken. Es ist wichtig, Leute wie beispielsweise Marcus Omofuma, der unter Polizeigewalt gestorben ist, ins öffentliche Bild zu rücken. Denn Straßennamen sind nicht nur eine Adresse, sondern prägen das Bild und Image einer Stadt.


Themenwechsel. Wenn ich mich politisch engagieren wollte, aber ein Problem mit Schwulen bzw. Lesben hätte und gegen die rechtliche Gleichstellung von homosexuellen Paaren wäre – wäre ich dann bei den Grünen richtig?

Nein, da sind wir die falsche Adresse.

Würde man mich überhaupt aufnehmen?

Ich kann nur für die Wiener Grünen sprechen. Und hier bezweifle ich, dass man Sie mit offenen Armen willkommen heißen würde. Ich persönlich würde mich jedenfalls massiv dagegen sträuben.

Selbst, wenn ich ein Türke wäre und viele Stimmen aus der türkischen Gemeinde holen würde?

Auch dann, denn das ist für uns kein Kriterium.

Dennoch ist Mustafa Isilak, der sich gegen die Gleichstellung von homosexuellen Paaren ausspricht, seit 2010 grüner Gemeinderat im Tiroler Jenbach. Wörtlich sagte er im Gespräch mit der „Presse“: „Diesen Punkt nehme ich persönlich nicht an. Das widerspricht meiner Religion.“

Ja, und ich bedaure das sehr. Das ist für mich ein No-Go. Ich weiß aber, dass die Tiroler Grünen gerade an einer Lösung dieses Problems arbeiten.

Auf einen Blick

Klaus Werner-Lobo wurde 1967 in Salzburg geboren. 1986 ging er nach Wien, um Umweltbiologie, Romanistik und Germanistik zu studieren. Er arbeitete für diverse Zeitungen und Magazine und war Pressesprecher des Österreichischen Ökologie-Instituts. Seit 2010 ist Werner-Lobo Gemeinderat und Landtagsabgeordneter sowie Kultursprecher der Wiener Grünen.

Viele türkischstämmige Österreicher wählen nicht die Grünen – wegen Leuten wie Isilak. Die ironischerweise geholt wurden, um in der türkischen Gemeinde auf Stimmenfang zu gehen. Ein Schuss, der wohl nach hinten losgegangen ist.

Anmerkung der Redaktion:

Auf diese Weise auf Stimmenfang zu gehen, ist unzulässig. Wir müssen uns aber mit homophoben Tendenzen bei Zuwanderern genauso auseinandersetzen wie bei Herkunftsösterreichern. Aufgrund wiederholter Verstöße gegen unsere Forenregelnwurde die Kommentarfunktion zu diesem Artikel deaktiviert.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.07.2013)

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