Brief vom Friseur: Die Leiden der Post-Partner

Brief Friseur Leiden PostPartner
Brief Friseur Leiden PostPartner(c) Zötl
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33 Post-Partner gibt es in Wien, und es werden mehr. Doch das Geschäft mit Briefen und Paketen rentiert sich nicht immer, wie auch die Post einräumt.

Wien. Ein Postamt an einem Standort zu übernehmen, an dem es wegen Unrentabilität geschlossen wird, ist ein riskantes Unterfangen. Eva Becker hat es dennoch getan. Seit April 2012 führt sie die Filiale neben ihrem Friseursalon in der Neuwaldegger Straße in Wien Hernals weiter. Zu groß war die Angst davor, dass die Kundenfrequenz in der dortigen Einkaufsmeile und somit auch in ihrem Geschäft ohne Postamt dramatisch abnähme. Der Schuss ging nach hinten los. „In 15 Monaten habe ich 40.000 Euro in die Filiale gesteckt, kann immer noch nicht annähernd kostendeckend wirtschaften“, klagt Becker. „Es kommen einfach zu wenige Kunden. Ich frage mich, wie andere Post-Partner überleben können.“

Wer ist schuld? Nach Beckers Meinung vor allem die Post. Denn: „Man kam mir trotz mehrmaligen Nachfragens nicht im Geringsten entgegen. Es gab keine Prämienanpassung, keine Investitionen in die Filiale. Alles muss ich selbst bezahlen – die Miete, das Personal.“ Daher habe sie jetzt Mitarbeiter abgebaut und die Öffnungszeiten auf 20 Stunden halbiert. „Die Kunden werden nicht erfreut sein. Die Post auch nicht. Aber ich habe keine Wahl. Ich kann nicht noch mehr Verluste schreiben“, so Becker. „Bis Jahresende werde ich es noch versuchen. Wenn sich bis dahin nichts ändert, muss ich den Vertrag wohl kündigen. Und ich wüsste nicht, was sich ändern sollte, denn diesen Job tut sich niemand an.“ Von der Post sei sie sehr enttäuscht: „Für sie zählt nur der Profit.“

Wir hart das Geschäft mit Briefen und Paketen sein kann, musste auch Mariana Passl schon erfahren. Ihre Apotheke nahe der Therme Oberlaa in Favoriten war die erste Post-Partnerin Wiens. „Bis heute gelingt es uns gerade so, mit einer schwarzen Null auszusteigen, mehr nicht“, resümiert Passl. „Und genau so hat das die Post wohl auch kalkuliert.“ Wenigstens mache sie keinen Verlust, von einem Erfolgsmodell könne aber keine Rede sein.

„Risiko war allen bewusst“

Jährlich kündigen österreichweit 50 bis 60 Post-Partner ihre Verträge, in der Regel finden sich aber rasch Nachfolger, betont Post-Sprecher Michael Homola. Die Kritik weist er zurück. Das Risiko sei allen Partnern bewusst gewesen, das Postgeschäft könne man nicht neu erfinden. „Wenn die Filialen rentabel gewesen wären, hätten wir sie nicht geschlossen bzw. schließen dürfen“, so Homola. Wer also eine Niederlassung an demselben Standort übernimmt, kenne das Geschäftsaufkommen. „Denn wir können eine genaue Prognose über den Postverkehr in einer Filiale bzw. Gegend abgeben, darüber hinaus liegt die Verantwortung bei den Partnern.“ Und die Ausgangslage sei nun einmal je nach Standort und Branche eine andere. „Die Umwegrentabilität ist bei einer Tabaktrafik natürlich höher als in einem Friseursalon. Wenn man einen Brief aufgeben will, legt man das eher mit einem Besuch in der Trafik zusammen als mit einem Gang zum Friseur.“

Das glaubt auch Caroline Dolak, die mit ihrer Tabaktrafik im 21. Bezirk seit Dezember 2011 Post-Partnerin ist und auf eineinhalb erfolgreiche Jahre zurückblickt. Zehn Prozent des Umsatzes mache sie mittlerweile mit dem Postbetrieb, Tendenz steigend. Dolak: „Was in einer Trafik im Vergleich zu einer Apotheke oder einem Friseursalon ein weiterer großer Vorteil ist: Die Kunden können in aller Ruhe in Magazinen schmökern, während sie an der Kassa warten. Und wenn sie das Magazin dann auch noch kaufen, haben auch wir was davon, und jeder ist glücklich.“

Briefgeschäft schrumpft

Insgesamt gibt es in Wien mittlerweile 108 Post-Filialen und 33 Post-Partner. Zumeist sind es Trafiken, Office-Shops, Apotheken und Lebensmittelgeschäfte. Zuletzt kamen eine Werbeagentur und ein Sonnenstudio dazu, in denen Kunden Briefe und Pakete aufgeben sowie kleinere Bankgeschäfte tätigen können. Noch bis vor zwei Jahren hatte Wien nichts mit Postamtsschließungen zu tun, bis dahin war nur die Landbevölkerung betroffen.

1363 Post-Partner wurden in ganz Österreich eingerichtet, im Schnitt bekommen sie 15.000 bis 18.000 Euro pro Jahr. Auch in den kommenden Monaten sollen als Ersatz für bald geschlossene Filialen österreichweit 100 Post-Partner hinzukommen, auch in Wien. Das Geschäft mit Briefen schrumpft jährlich um vier Prozent. Das mit Paketen steigt zwar um zehn Prozent, aber das gleicht den Verlust mit den Briefen bei Weitem nicht aus: Einer Milliarde Briefe stehen 65 Millionen Pakete gegenüber.

Brief Friseur Leiden PostPartner
Brief Friseur Leiden PostPartner(c) Die Presse / PW

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.07.2013)

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