Mariahilfer Straße: Probleme seit Langem bekannt

Die Neugestaltung der Mariahilfer Straße sorgt weiter für Diskussionen.
Die Neugestaltung der Mariahilfer Straße sorgt weiter für Diskussionen.(c) APA
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Bei der Neugestaltung der Einkaufsmeile hat jeder, der nur irgendwie beteiligt sein könnte, mitgeredet. Dementsprechend ist das Ergebnis.

Ein Kompromiss ist erst dann vollkommen, wenn alle unzufrieden sind.“ Dieses Zitat, das dem französischer Politiker und Friedensnobelpreisträger Aristide Briand zugeschrieben wird, beschreibt die Situation rund um die Neugestaltung der Mariahilfer Straße treffend. Denn die aktuelle Lösung ist ein vollkommener Kompromiss – der kleinste gemeinsame Nenner, auf den sich alle Akteure einigen konnten. Und das waren nicht wenige. Mariahilf wollte seine eigenen Bezirksinteressen durchsetzen. Neubau auch. Die Wirtschaftskammer, Arbeiterkammer, Arbö und zahlreiche Fachabteilungen haben mitgeredet. Dazu viele Experten und selbst ernannte Experten. Eine übergeordnete Koordination, welche die Leitlinien vorzeichnete, gab es nicht. Dementsprechend hat sich die Situation auf einer der berühmtesten Einkaufsmeilen Österreichs so entwickelt, wie sie heute ist: Es herrscht eine erbittert geführte Auseinandersetzung, jeder ist unzufrieden.

Die Ursache dafür wurzelt in den ersten Vorbereitungsplanungen, die im Vorjahr durchgeführt wurden. „Es war damals schon klar, dass es die Probleme geben wird, die wir heute haben“, erklärt ein Planer, der aus verständlichen Gründen anonym bleiben möchte. Damals hätte es Warnungen gegeben, dass eine Buslinie durch die Fußgängerzone für Probleme mit den Wiener-Linien-Fahrern und Proteste der Fußgänger sorgen wird. Ebenso wie die Durchfahrtsregelung für Radfahrer. „Es zeigt die Erfahrung, dass die Radfahrer in derartigen Zonen nicht mit Schrittgeschwindigkeit durchfahren – weil sie es eben nicht gewöhnt sind“, meint der Planer.

Warnungen lagen auf dem Tisch

Die Warnungen lagen auf dem Tisch, „dank“ der unterschiedlichen Interessen wurde es trotzdem so umgesetzt. Denn Neubaus Bezirkschef Thomas Blimlinger wollte beispielsweise den 13A nicht durch die Neubaugasse fahren lassen, um die Mariahilfer Straße nur zu queren anstatt dort entlangzufahren. Und Verkehrsstadträtin Maria Vassilakou wollte freie Fahrt für Radfahrer.

Jetzt muss nachjustiert werden. „Das hätte man sich mit einer ordentlichen Planung und Koordination sparen können“, meint ein weiterer Planer. Beispielsweise hätte es keinen Projektsprecher gegeben, wie es bei einem derart heiklen Projekt üblich sei.

Verkehrsexperte Herrmann Knoflacher, der in den ersten Sitzungen eingebunden war, hält fest: Am sinnvollsten wäre eine Fußgängerzone über die gesamte Länge gewesen, wobei Anrainer zu ihren Garagen im Schritttempo zufahren, Radfahrer im Schritttempo durchfahren dürfen. Diese Temporeduktion der Radfahrer hätte man durch Schanigärten etc. analog dem Graben erreicht. Das sei aber auf Widerstand der Bezirke gestoßen.

Planungsstadträtin Maria Vassilakou (Grüne) dürfte zumindest ansatzweise geahnt haben, was auf sie zukommt. Eine namhafte PR-Agentur wurde Ende 2012 engagiert (Ausschreibungsrahmen: bis zu 100.000 Euro), um das Projekt medial zu managen. Diese Agentur ist auch auf Krisen-PR spezialisiert. Genutzt hat das wenig. War die mediale Vermittlung schlecht? „Das Problem war nicht die PR, sondern das Produkt“, meint ein PR-Manager, der anonym bleiben möchte – nachdem er auch mit der Stadt Wien zusammenarbeitet. „So ein Stückwerk, an dem jetzt noch weiter herumgepfuscht wird, kann man schlecht verkaufen.“ In der PR-Branche wundert man sich generell über die Art der Umsetzung seitens der Stadt. „Man braucht zuerst eine ordentliche Planung, die wird kommuniziert und dann umgesetzt.“ Das sei nicht passiert, jetzt gebe es eben die Probleme.

Die neue Mariahilfer Straße ist also auch als Produkt eines Projekts zu verstehen, bei dem jeder mitreden darf. Und daher ein Kompromiss, mit dem alle unzufrieden sind.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.08.2013)

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