Rosenhügel-Studios: "Hollywood an der Donau"

(c) Erwin Wodicka - BilderBox.com (Erwin Wodicka - BilderBox.com)
  • Drucken

Die Rosenhügel-Studios, ein Stück österreichischer Filmgeschichte, müssen Wohnungen weichen. Doch auch der Denkmalschutz hat – zumindest bei zwei Hallen – noch mitzureden.

Hollywood sieht anders aus. Die Filmstadt Wien (Rosenhügel-Studios) in der Speisinger Straße 121 bis 127 in Hietzing wirkt auf den Besucher eher wie eine Ansammlung mehrerer Lagerhallen, die der dringenden Renovierung bedürfen. Doch hier ist das Herz der österreichischen Filmgeschichte, hier wurden seit den 1920er-Jahren zahlreiche Filme made in Österreich produziert, und zuletzt wurden zahlreiche Fernsehproduktionen hier gedreht. Sogar vom „Hollywood an der Donau“ wurde – doch deutlich überzeichnet – schon gesprochen.

Doch das Ende dieses Kapitels naht. Denn der Letzteigentümer, der ORF, hat die Filmstudios verkauft. Im Juni gab der ORF-Stiftungsrat grünes Licht für den Verkauf, derzeit wird noch an letzten Feinheiten wie dem genauen Übergabezeitpunkt gefeilt. Neue Eigentümer sind die Baugruppe Strauss&Partner Developement und die Immovate Projektentwicklungs-GmbH, die zu gleichen Teilen an der attraktiven Liegenschaft mit ihren ca. 32.000 Quadratmetern beteiligt sind und auch künftige Planungen gemeinsam machen. Kolportierter Verkaufspreis: knapp 17 Mio. Euro.

Baubeginn 2015. 200 frei finanzierte, hochwertige Wohnungen sind auf dem Areal geplant. Jetzt beginnen die Vorbereitungen: Ein Architektenwettbewerb wird derzeit ausgeschrieben, die Mieter, vor allem Produktionsfirmen, werden darauf hingewiesen, dass sie bald etwas anderes suchen sollen. Geplanter Baubeginn ist 2015.

Doch nachdem es anfangs nur wenig Widerstand gegen die Baupläne gegeben hat, formieren sich langsam doch einige Kritiker. Mittlerweile hat eine Bürgerinitiative und der Verein Denkmalschutz eine Petition „gegen die Zerstörung der Rosenhügel-Filmstudiosim Rathaus eingereicht und sammelt Unterstützungserklärungen gegen den möglichen Abriss der Studios, „der einzigen noch intakten Filmindustriebauten aus der Stummfilmzeit in Österreich“.

Die Initiative setzt beim Denkmalschutz an. Denn bei einer Evaluierung öffentlicher Objekte vor einigen Jahren wurden auch die Rosenhügel-Studios bewertet, und wegen hoher kulturgeschichtlicher Bedeutung, wie Wiens Landeskonservator Friedrich Dahm betont, wurden zwei Studios unter Denkmalschutz gestellt. Die Halle 1, ein historischer Stahlbetonbau aus den Zwanzigerjahren mit einem zu seiner Zeit einzigartigen Kunstlichtatelier, und die Halle 6, ein in der NS-Zeit errichtetes Großstudio, die sogenannte Synchronhalle. Denkmalschutz steht aber einem Abriss oder radikalen Umbau eines Objektes diametral entgegen. Offenbar um das Objekt besser verkaufen zu können, hat der ORF, mithilfe der Stadt, dies beeinsprucht und ein Verfahren zur Aufhebung des Denkmalschutzes zumindest bei einer Halle beantragt. Dieses läuft nicht beim Denkmalamt, sondern in der nächsten Instanz, beim Kulturministerium.

Ausbau zu Aufnahmestudio. Die denkmalgeschützte Synchronhalle, in der seit den 1940er-Jahren aufgrund der einzigartigen Akustik Filmmusik aufgenommen wurde, ist jedenfalls der erste Teil der Rosenhügel-Studios, für den es eine klare Zukunft gibt. Die Vienna Symphonic Library, Weltmarktführer im Bereich der virtuellen Orchestermusikproduktion, hat diese Halle selbst erworben, will sie zu einem High-End-Aufnahmestudio ausbauen. Dann werden hier wieder Orchesteraufnahmen gemacht.

Die Rosenhügel-Studios wurden zwischen 1919 und 1923 als größtes und damals modernstes Filmatelier Europas gebaut, zuerst noch für den Stummfilm. Mit dem Anschluss Österreichs an Deutschland übernahmen die Nazis 1938 auch die Rosenhügel-Studios, bauten sie aus und betrieben von hier aus Propaganda. In der NS-Zeit war die Wien-Film, die hier tätig war, einer der größten Filmproduzenten im Deutschen Reich. Propagandaminister Josef Goebbels stand persönlich hinter dem Ausbau, und er besuchte auch persönlich die Studios.

Nach dem Krieg fielen die Rosenhügel-Studios den Sowjets zu, nach dem Staatsvertrag gingen die Studios in staatliche Hand über. Schließlich landeten sie beim ORF, wurden an einen Bauträger verkauft – und wieder zurückgekauft. Anfang der 1990er-Jahre wurden die Studios generalsaniert, und 1994 übernahm die Betreibergesellschaft Filmstadt Wien unter der Führung des Produzenten Kurt Mrkwicka das Areal.

Die Filmografie der Rosenhügel-Studios seit ihrem Bestehen kann sich sehen lassen. Stummfilme, große Literaturverfilmungen und auch Kassenschlager wie „Mariandl“, „Sissi“ oder „Im weißen Rössl“ wurden hier gedreht. Der letzte große Dreh war wohl Michael Hanekes „Klavierspielerin“.

Gedreht wurden hier auch zahlreiche Fernseh-Events, wie der „Kaisermühlen-Blues“ oder zum Beispiel auch „Die große Chance“. Derzeit wird noch die „Barbara-Karlich-Show“ auf dem Rosenhügel aufgezeichnet. Bis Mitte 2014, dann übersiedelt die Produktion an einen anderen Ort.

Interessantes Detail: 2008, als im ORF hin und her überlegt wurde, ob man in das Media Quarter im dritten Bezirk auswandern oder doch den Küniglberg sanieren soll, machte Generalintendantin Monika Lindner den Vorschlag, doch auf dem Rosenhügel einen ORF-Neubau zu errichten und den Küniglberg zu verkaufen.

Geschichte

In Wien Mauer, in der Speisinger Straße, wurde von 1919 bis 1923 eines der modernsten Studios errichtet – die Rosenhügel-Studios. Mit dem Anschluss wurde 1938 der Rosenhügel im Dritten Reich zum Kernstück der Wien-Film. 1955 wurden die Studios mit dem Staatsvertrag von den Sowjets an die Republik Österreich zurückgegeben. 1966 kaufte der ORF den Rosenhügel.

Schon 1991 drohte den Rosenhügel-Studios der Abriss. Die Rettung erfolgte in letzter Minute durch die private Betreibergesellschaft Filmstadt Wien. Im Sommer 2013 wurde der Rosenhügel an eine Bauherrengruppe verkauft, die die Errichtung von Wohnungen plant. Derzeit gibt es aber noch ein Tauziehen um den Denkmalschutz bei zwei Hallen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.10.2013)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.