Asylaktivisten nun unter Anklage

Zuerst Votivkirche, dann Servitenkloster, nun Gerichtssaal: Mehrere Asyl-Aktivisten werden angeklagt.
Zuerst Votivkirche, dann Servitenkloster, nun Gerichtssaal: Mehrere Asyl-Aktivisten werden angeklagt.APA/HANS PUNZ
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Drei Servitenkloster-Aktivisten müssen sich gemeinsam mit anderen wegen Schlepperei und Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung verantworten.

Wiener Neustadt/Wien. Die Nachricht schlug damals ein wie eine Bombe. Drei von zuletzt mehreren Dutzend Asylaktivisten, die bis zum Ende des Sommers im Wiener Servitenkloster untergebracht waren und inzwischen auf mehrere Quartiere verstreut leben, sollen Mitglieder einer kriminellen Schlepperorganisation gewesen sein. Viereinhalb Monate nach ihrer öffentlichkeitswirksamen Verhaftung lichten sich nun die Nebel. Die Staatsanwaltschaft Wiener Neustadt erhebt Anklage gegen insgesamt acht Personen dieser mutmaßlichen Organisation. Das berichtet der ORF.

Die Vorwürfe wiegen schwer: Im schlimmsten Fall gehen die Ankläger - außer dem Trio aus dem Servitenkloster müssen sich noch fünf weitere vor Gericht verantworten - von gewerbsmäßiger Schlepperei sowie der Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung aus. Einer der Verdächtigen muss zudem noch mit einer Verfolgung wegen schwerer Körperverletzung, gefährlicher Drohung sowie Sachbeschädigung rechnen. Rechnen deshalb, weil die Anklageschrift noch nicht rechtskräftig ist. Ein Beschuldigter hat nämlich dagegen Einspruch erhoben.

Kampagne via „Krone"?

Die Angelegenheit ist für alle Beteiligten ein gesellschaftspolitisches Minenfeld. Begonnen hat der behördliche Teil des Kriminalfalls am 29. Juli. Damals rückten Ermittler der Sonderkommission Schlepperei Süd des Bundeskriminalamts zu einer Razzia aus. In der Nähe des Servitenklosters nahmen sie drei ehemalige Bewohner fest. Ehemalig deshalb, weil sie sich zum Zeitpunkt ihrer Verhaftung beim Quartierbetreiber, der Caritas, bereits abgemeldet hatten. Die übrigen spürte die Polizei an anderen Adressen auf. Alle Beteiligten sitzen seither in Untersuchungshaft. Einen Tag später, am 30. Juli, kam es noch zu einer Hausdurchsuchung im Kloster. Vier Beamte durchwühlten die Spinde.

Da die anwesenden Aktivisten noch während der Hausdurchsuchung Journalisten über die Polizeiaktion informierten, entschlossen sich die beteiligten Staatsanwaltschaften Wien und Wiener Neustadt in Abstimmung mit der Soko dazu, angesichts der emotional aufgeladenen Lage und des großen Medieninteresses von selbst an die Öffentlichkeit zu gehen. Via Aussendung. Und via „Kronen Zeitung".

So äußerten zumindest der „Falter" und die grüne Nationalratsabgeordnete Alev Korun den Verdacht, das Innenministerium füttere die größte Zeitung des Landes gezielt mit Falschinformationen über möglicherweise straffällig gewordene Asylaktivisten, um diese gezielt zu diskreditieren und gefährlicher darzustellen, als sie sind. Dafür gab es einerseits Indizien, andererseits wurde ein Zitat aus einem Interview von Innenministerin Johanna Mikl-Leitner aus dem Zusammenhang gerissen und als Beweis für eine Kampagne des Ministeriums bewertet.
Letztendlich aufgeklärt wurde der Vorwurf nie. Innenministerium und Bundeskriminalamt wiesen die Vorwürfe zurück. Eine parlamentarische Anfrage von Korun zum Thema ergab keine neuen Erkenntnisse.

Tatorte in mehreren Ländern

Gänzlich verschwunden ist der Vorwurf der nicht objektiven Verfolgung der Verdächtigen jedoch nie. So zeigt sich ein aktuell Verfahrensbeteiligter - er will anonym bleiben - ziemlich verwundert darüber, dass der Fall von Wien nach Wiener Neustadt wanderte. Zur Erinnerung: Die Staatsanwaltschaft dort ist seit den Tierschützerprozessen für ihre besonders harte Verfolgung anhand des umstrittenen Mafiaparagrafen (Bildung einer kriminellen Organisation) bekannt. Die Behörde hingegen erklärt die Zuständigkeit damit, dass ein Teil der ermittelten Taten im Umfeld des Erstaufnahmelagers Traiskirchen stattgefunden habe. Und dieses falle eben eindeutig in den Zuständigkeitsbereich der Staatsanwaltschaft Wiener Neustadt.

Die kriminelle Vereinigung, um die es geht, soll demnach eine größere sein. Laut Ermittlern war diese bei der Schleppung von Menschen in Österreich, Frankreich, Italien, Deutschland und Großbritannien tätig.

(awe)

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