Media Quarter: Neue Hürde für Prüfer

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Wien verkauft nun seinen Anteil am Media Quarter Marx. Funktioniert ein Deal rasch, erspart sich das Rathaus einen Teil der bisher torpedierten Prüfung durch den Rechnungshof.

Das sogenannte Media Quarter im Wiener Stadtentwicklungsgebiet St.Marx ist eigentlich eine gar nicht so kleine Erfolgsgeschichte. Gemeinsam mit privaten Investoren errichtete die Stadt dort ein Viertel mit Schwerpunkt auf Medienunternehmen. Gekommen sind Privatfernsehen, Zeitungen, Verlage und mehr (siehe Artikel unten). Und gewiss hätte die Politik diesen Erfolg auch gerne für eigene Zwecke vermarktet. Wäre da nicht die wirtschaftliche Zusammenarbeit mit dem in einen internationalen Kriminalfall verwickelten Rachat Alijew aufgeflogen.

Nun, so scheint es, will Wien einen Schlussstrich unter die Causa ziehen und aus dem gemeinsamen Projekt aussteigen. Der Anteil der Stadt am MQM – so die Kurzform – wird verkauft. Und zwar nachdem Alijew die Option auf den Kauf der Wiener Beteiligung nicht gezogen hat (er will selbst verkaufen). Das wurde am Dienstag bekannt. Fügt man die bisher vorliegenden Puzzleteile unter einem kritischen Blickwinkel zusammen, könnte vor allem der Zeitpunkt für die angekündigte Veräußerung alles andere als ein Zufall sein.

Schafft es die Stadt nämlich, den Deal rasch über die Bühne zu bekommen, erspart man sich möglicherweise unangenehme Fragen des Rechnungshofes. Der nämlich versucht seit dem Februar 2013 Licht in ein Großprojekt zu bringen, das Wien mit dem des zweifachen Mordes und der Geldwäsche beschuldigten Ex-Botschafter Kasachstans abgewickelt hat. Allein: Die Stadt und ihre Partner verweigern dem obersten Kontrollorgan der Republik beharrlich die Einsicht in die Unterlagen.

Da tut es nichts zur Sache, dass sich offiziell inzwischen auch das ehemalige Kontrollamt der Stadt, das heute Stadtrechnungshof heißt, für die Sache interessiert, nach Rücksprache mit der Bundesbehörde dieser jedoch den Vortritt lässt. Beide sind nämlich an eine für die nächsten Monate angekündigte Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes gebunden. Sie soll Klarheit darüber geben, ob die an der MQM-Entwicklung beteiligten Unternehmen gegenüber den Rechnungsprüfern auskunftspflichtig sind.

Gelingt es nun Wien, seinen 40-Prozent-Anteil bis dahin zu veräußern, käme zumindest die MQM GmbH ohne weitere Kontrolle davon. Ganz egal nämlich, ob der VfGH dem Prüfwunsch des Rechnungshofes nun nachkommt oder nicht.

Prüfer sehen sich im Recht

Zur Gänze aus dem Schneider wäre das Rathaus jedoch selbst dann nicht, wenn die MQM-Anteile rechtzeitig an einen privaten Käufer gehen und das Höchstgericht das Prüfersuchen ausschlägt. Der 40-Prozent-Anteil an der MQM GmbH (die übrigen 60 Prozent gehören einer Gesellschaft im Einflussbereich von Alijew bzw. seiner Frau) wird nämlich über die städtische Technologieagentur ZIT gehalten, die wiederum zu 100 Prozent der Wirtschaftsagentur, also einem Fonds der Stadt Wien, gehört. Und eben diese Unternehmen stehen auch nach einem eventuellen Verkauf der MQM unter der Kontrollaufsicht von Bundes- und Stadtrechnungshof. Zumindest interpretieren die Leiter dieser beiden Behörden, Josef Moser und Peter Pollak, die entsprechenden Gesetze so. Begründung: Sie stehen zur Gänze im öffentlichen Eigentum.

Eine Meinung, der sich ZIT und Wirtschaftsagentur zumindest bisher nicht angeschlossen haben. Tatsächlich verweigerten beide den Prüfern – genauso wie die MQM GmbH – den Einblick in die Bücher oder legten nur geschwärzte Unterlagen vor.

Was hinter der Geheimniskrämerei steckt, ist Anlass für wilde Spekulationen. Die FPÖ vermutet hinter der Zusammenarbeit mit Alijew illegale Parteienfinanzierung. Zu Beginn der Kooperation stand Alijew noch unter dem Schutz des kasachischen Präsidenten Nursultan Nasarbajew. Inzwischen sind beide Todfeinde. Über diese Achse soll jedenfalls Geld nach Österreich geflossen sein. Beweise dafür gibt es nicht. Zudem pflegten und pflegen mehrere SPÖ-Granden Kontakte nach Kasachstan. Ex-Parteichef und Ex-Kanzler Alfred Gusenbauer berät Nasarbajew bis heute.

Die ÖVP hingegen vermutet in erster Linie schlechtes Wirtschaften. Ihrer Ansicht nach soll die Stadt das Risiko, Alijew jedoch nur die Profite aus dem gemeinsamen Projekt gezogen haben.

Insgesamt sind die investierten Summen beträchtlich. Über die Technologieagentur hat die Stadt 4,56 Mio. Euro und das Grundstück in das Projekt eingebracht, Alijews VBM stellte 6,9 Mio. Euro Eigenkapital. Zur Finanzierung nahm die MQM GmbH bei der Bank Austria einen Kredit in der Höhe von 63,8Mio. Euro auf.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.01.2014)

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