Bürokomplex Town Town kostet Wien Millionen

Konzernzentrale der Wiener Stadtwerke in Town Town
Konzernzentrale der Wiener Stadtwerke in Town Town (c) Wiener Stadtwerke
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2009 stieg ein neuer privater Partner in das Projekt ein. Nun stellt sich heraus: Das Geld dafür stammt vom städtischen Infrastrukturkonzern, der nun die Rechnung dafür bezahlt. Besser verdient haben andere Investoren.

Wien. Es war eines der Prestigeprojekte der Stadt Wien: Mithilfe privater Partner entstand in einer Public-private-Partnership (PPP) und über den Gleisen der Erdberger U-Bahn-Linie U3 während der vergangenen Jahre der Bürokomplex Town Town. Der ursprüngliche Projektpartner hat sich längst verabschiedet, da wird nun klar: Vor allem für den öffentlichen Teilhaber entwickelt sich das Unterfangen als finanziell mäßig erfolgreich.

Bis 2009 sollte die Entwicklungsgesellschaft für das Areal, die Town Town AG, einen Gewinn von 13 Mio. Euro abwerfen. So steht es im Businessplan. Tatsächlich fuhr das Unternehmen zuletzt Jahresverluste zwischen 3,6 und 8,7 Mio. Euro ein. Ausnahme: 2011.

Doch Wiens Stadtwerken bereitet nicht nur die 44-Prozent-Beteiligung an der Town Town AG Sorge. Als wirtschaftlicher Fehlgriff stellt sich auch die Kooperation mit wenigstens einem privaten Partner heraus. Das kam so. Ursprünglich saßen die Kärntner Brüder Hanno und Erwin Soravia mit im Boot. Sie hielten ebenfalls 44 Prozent der Anteile. Die übrigen zwölf Prozent besaß die Zürcher Swiss Town Consult (STC). 2009 stiegen die Soravias unter nicht geklärten Umständen aus. Und nun wird es interessant.

Vor über zwei Monaten veröffentlichte der Stadtrechnungshof den bis heute unbeachteten Prüfbericht mit der Aktenzahl GU 261-2/13. Das 25-Seiten-Heftchen ist nicht gerade allgemeinverständlich geschrieben. Zudem wurde der Inhalt anonymisiert. Zusammengefasst wundern sich die Kontrollore darüber, dass eine Stadtwerke-Tochter der Firma E 9,23 Mio. Euro gibt, damit diese die Anteile, die Firma C an Firma B hält, übernehmen kann. Führt man diese Informationen mit Recherchen zusammen wird klar: Firma B ist die Town Town AG, Firma C die Soravia Gruppe. Geldgeber ist die Stadtwerke Vermögensverwaltung Alpha, die damals den Einstieg von Firma E, einer Zweckgesellschaft der Donau-Finanz-Gruppe, finanzierte. Das Problem ist nur: Die Sicherheiten, die die Donau-Finanz damals ausgab, sind fast nichts mehr wert.

5,47 Mio. Euro abgeschrieben

Da das Unternehmung zur Besicherung der 9,23 Mio. Euro aus der Stadtwerke-Kasse Genussrechte am Unternehmenserfolg ausgab, haben die Gläubiger bisher keinen Cent davon wiedergesehen. Wo keine Gewinne, da auch keine konsumierbaren Genussrechte. Zudem nutzte die Donau-Finanz die legalen Möglichkeiten der kreativen Buchführung. Zweimal, nämlich 2009 und 2002, schrieb ihre Zweckgesellschaft dann doch minimale Jahresgewinne. Um eine Auszahlung an die Stadtwerke zu verhindern, beließ man das Geld in der Firma, bildete Rücklagen oder glich alte Verluste aus.

2011 wandelten die Stadtwerke einen Teil der Genussrechte in ein Darlehen um (5,81 Mio. Euro). Die Zinsen sind bis 2016 gestundet, Zinseszinsen gar nicht vorgesehen. Und: Der gesamte Kredit und die verbliebenen Genussrechte (3,42 Mio. Euro) sind nur nachrangig eingestuft. Der Grund, warum die Zweckgesellschaft der Donau-Finanz im Sinne des Insolvenzrechts noch nicht überschuldet ist. Bei einer Pleite hätten die Stadtwerke ganz schlechte Karten. Dass diese Sicherheiten keine Sicherheiten mehr sind, schlägt sich bereits in den Büchern nieder. 5,47 Mio. der Unterstützung für die Donau-Finanz mussten inzwischen als Verlust abgeschrieben werden. Und die Prognosen sind düster.

Garagenkönig profitierte

Wer sind nun die privaten Teilhaber, die mit dem Geld eines städtischen Unternehmens in das Projekt einstiegen? Ganz oben in der Befehlskette der Donau-Finanz stehen als Eigentümer die Familie von Michael Kraus und der Garagenkönig und Immobilienentwickler Hans Christoph List. Die milliardenschwere List-Group profitierte in der Vergangenheit mehrfach von zinslosen Darlehen aus der Stadtkasse zur Errichtung von Garagen.

Auch Kraus pflegte und pflegt gute Beziehungen zur Stadt. Bevor ihm das Rathaus via Stadtwerke beim Town Town-Einstieg half, war er ebendort Vorstand, kannte also die Bücher des Unternehmens. Weiters gehört ihm - gemeinsam mit der ebenfalls städtischen Wien Holding - die Vienna Technology Transfer Corporation. Teilen der Öffentlichkeit ist er als bekennender Freimaurer, Buchautor und (ehemaliger) Großmeister der Großloge Österreich bekannt.

Warum die Stadtwerke List und Kraus unter die Arme griffen? Eine Anfrage der „Presse" bei der Donau-Finanz blieb unbeantwortet. Die Stadtwerke beschreiben ihre Geschäftsbeziehung zur Donau-Finanz so: „Die IWS Donau-Finanz Verwaltungs GmbH erhält lediglich eine Verwaltungsgebühr, alle darüber hinausgehenden Gewinne/Verluste werden an die Wiener Stadtwerke durchgeleitet." Wirklich profitiert haben dürften jene, die sich vor Jahren rechtzeitig verabschiedeten. 2009 sagte Erwin Soravia in einem Inverview mit dem Magazin Format: „Wir haben an Town Town sehr gut verdient."

("Die Presse", Print-Ausgabe, 1. März 2014)

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