Junge Afrikaner: Rassismus bei Wiener Festwochen

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Eine Initiative stößt sich an der Aufführung des Stücks "Die Neger" von Jean Genet, bei dem weiße Schauspieler schwarz geschminkt auftreten.

Rassismusvorwürfe gegen die Wiener Festwochen. Pamoja, die Bewegung der jungen Afrikanischen Diaspora in Österreich, übt in einer Aussendung heftige Kritik an der Veranstaltung, weil im Rahmen der Festwochen Jean Genets Stück "Die Neger" in der Inszenierung von Johan Simons gezeigt wird. Vor allem, dass im Programmheft und auf der Website weiße Schauspieler abgebildet sind, deren Gesichter schwarz angemalt sind, sei ein Problem. Genet selbst hatte das Stück früher als für weiße Darsteller ungeeignet bezeichnet und vorgegeben, es ausschließlich mit Schwarzen zu besetzen.

"Die Wiener Festwochen geben vor, ein internationales, interkulturelles Festival zu sein. Mit der Aufführung dieses Theaterstücks stehen sie diesem Anspruch allerdings zentral entgegen", heißt es in der Aussendung. Weder werde hiermit aufgeklärt, noch zu kritischem Denken angeregt. "Offensichtlich besteht eine mangelnde Bereitschaft sich mit Rassismus und stereotypen Darstellungen im Theater auseinander zu setzen."

"Mittel rassistischer Darstellungstraditionen"

Blackface, so wird das Phänomen der bemalten Gesichter genannt. Für die jungen Afrikaner ist dieses Stilmittel "ein Mittel rassistischer Darstellungstraditionen". Mit weißen Schauspielern in Blackface werde eine diskriminierende, (neo)koloniale Praxis verharmlost, die nicht nur in den USA als rassistisch gilt. In diesem Zusammenhang verweist man auch auf den Opernball, bei dem sich vergangene Woche ein Puls4-Reporter als schwarzer Mann verkleidet an Kim Kardashian herangemacht und sich als ihr Mann Kanye West ausgegeben hat.

In Österreich werde mit diskriminierenden Begriffen und Darstellungen Rassismus reproduziert, heißt es weiter. Umgekehrt werde versucht, antirassistische Widerstandskämpfe unsichtbar zu machen. Abschließend fordert die Initiative, die von mehreren Organisationen (etwa M-Media, afrikanet.info oder ENAR – European Network Against Racism) unterstützt wird, "das N-Wort und diese rassistische Inszenierung aus dem Wiener Festwochenprogramm zu entfernen".

Festwochen: "Es wird ein Statement geben"

Von Seiten der Wiener Festwochen heißt es, dass man die Vorwürfe ernst nehme und man darauf reagieren werde. Bisher habe man aber noch keine Gelegenheit gehabt, mit Regisseur Johan Simons darüber zu sprechen, daher könne man noch keine detaillierte Antwort darauf geben. Es werde aber ein Statement der künstlerischen Leitung geben, das bis zur Premiere gültig sein soll. Danach, so eine Sprecherin, soll die Inszenierung für sich sprechen.

>> "Die Neger" bei den Wiener Festwochen

Die Aussendung im Wortlaut

Wiener Festwochen 2014: Schwarze Menschen in Europa gegen Aufführung des Theaterstücks "Die N****" von Johan Simons

Vergangene Woche hat sich im Scheinwerferlicht des Wiener Opernballs gezeigt, was Schwarze Menschen in Österreich als alltägliche Realität erfahren: rassistische Praktiken werden normalisiert und dienen sogar als „Spaßeinlage“. Ein Reporter, der sich als schwarzer Mann angemalt hat (Blackface) und ein Komiker, der das N-Wort selbst-verständlich in den Mund nimmt, sind keine Ausnahmen, sondern Symptome von strukturellem Rassismus. Offensichtlich braucht es die Bekanntheit von Kim Kardashian um darauf aufmerksam zu machen, wogegen Schwarze Menschen im deutschsprachigen Raum seit Jahren kämpfen. In Österreich werden Schwarze Menschen beispielsweise jährlich zu den Heiligen Drei Königen mit Blackface unter dem Deckmantel der Tradition konfrontiert, ganz zu schweigen von Verkleidungen am Faschingsdienstag.

Im Rahmen der Wiener Festwochen 2014 wird ein Theaterstück mit dem Titel "Die N****" von Regisseur Johan Simons in Wien aufgeführt. Im Programmheft, sowie auf der Website sind weiße Schauspieler_innen abgebildet, die schwarz angemalt sind und Schwarze Menschen darstellen sollen.

Die Wiener Festwochen geben vor, ein internationales, interkulturelles Festival zu sein. Mit der Aufführung dieses Theaterstücks stehen sie diesem Anspruch allerdings zentral entgegen. Weder wird hiermit aufgeklärt, noch zu kritischem Denken angeregt. Offensichtlich besteht eine mangelnde Bereitschaft sich mit Rassismus und stereotypen Darstellungen im Theater auseinander zu setzen. Blackface – genauso wie schwarze Masken – ist ein Mittel rassistischer Darstellungstraditionen. Dadurch gibt es keine selbst bestimmte Repräsentation von Schwarzen Menschen, selbst wenn Schwarze Schauspieler_innen in diesem Stück diese Rollen übernehmen. Mit weißen Schauspieler_innen in Blackface wird eine diskriminierende, (neo)koloniale Praxis verharmlost, die nicht nur in den USA als rassistisch gilt.

In Österreich wird mit solchen diskriminierenden Begriffen und Darstellungen Rassismus reproduziert und versucht antirassistische Widerstandskämpfe unsichtbar zu machen. Das N-Wort, das im Titel verwendet wird, kann niemals als eine provokative, aufklärerische Aussage fungieren. Vielmehr wird hiermit eine rassistische Auseinandersetzung aufgezeigt, welche die Verwendung des N-Wortes legitimiert und normalisiert. Die englische Übersetzung des Titels heißt „The Blacks“, was keine Übersetzung des N-Wortes ist und nicht zufällig gewählt ist. Das N-Wort steht sowohl im Englischen als auch im Deutschen für die jahrhundertelange Unterdrückung, Versklavung und Tötung von Schwarzen Menschen. Die Benutzung dieses Wortes verharmlost diese Realitäten.

Das Theaterstück fördert nicht nur durch die Reproduktion des N-Wortes im Titel, sondern auch durch Inhalt und Darstellungsweise eine rassistische Haltung, welcher kritisch entgegen gewirkt werden soll.

Wir fordern hiermit auf, das N-Wort und diese rassistische Inszenierung aus dem Wiener Festwochenprogramm zu entfernen!

Wir erwarten selbstbestimmte Schwarze Positionen auf der Bühne, statt rassistische Fremdrepräsentationen!

PAMOJA- Die Bewegung der jungen Afrikanischen Diaspora in Österreich

Liste der unterzeichnenden Organisationen (in alphabetischer Reihenfolge):


ADEFRA – Schwarze Frauen in Deutschland (GER)
afrikanet.info (AUT)
AVP - Afrika Vernetzungsplattform (AUT)
Black Community Oberösterreich (AUT)
Bühnenwatch (GER)
ENAR – European Network Against Racism (EU)
GHANA UNION (AUT)
GHANA UNION YOUTH (AUT)
International Institute for Scientific Research (NL)
ISD - Initiative Schwarze Menschen in Deutschland (GER)
maiz – autonomes zentrum von & für migrantinnen (AUT)
M-MEDIA (AUT)
NANCA – National Association of Nigerian Community Austria (AUT)
NAW - Nordic African Women (SE)
NUC - New Urban Collective (NL)
PAMJ – Pan African Movement for Justice (SE)
PANAFA – Pan African Forum in Austria (AUT)
SFC - Schwarze Frauen Community (AUT)
Slavernij Online (NL)

(eko)

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