Zimmer frei: Wiens neue Gastgeber

Tourismus, Zimmer, Hotel
Tourismus, Zimmer, Hotel(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Immer mehr Wiener werden über Plattformen wie Airbnb oder Wimdu zu professionellen Gastgebern. Mitwohnen ist zum einträglichen Geschäft geworden.

Wien. Mit Hotels oder dem professionellen Tourismus hatte Christian Seewald eigentlich nichts am Hut. Doch gereist ist er stets gern. Als Student, so günstig wie möglich, und bloß nicht in anonymen Hotels. So wurde er zum Couchsurfer, hat sich immer wieder in den Wohnzimmern fremder Menschen einquartiert, die diese online anderen Reisenden kostenlos über die Plattform couchsurfing.org zur Verfügung stellen. Bis Airbnb kam.

Der Name steht für Airbed and Breakfast, jenes Luftbett und Frühstück, mit dem drei Studenten aus San Francisco die Plattform vor sieben Jahren begründet haben, auf der ganze Wohnungen angeboten werden. Und, so erzählt Christian Seewald heute in einer seiner Ferienwohnungen im 15.Bezirk, nahe der Stadthalle, hat er begonnen, seine eigene Wohnung während seiner Reisen an Touristen zu vermieten. Seit vorigem Sommer ist er nun professioneller Gastgeber. Nebenbei arbeitet der Bregenzer noch als IT-Marketingspezialist, aber langsam wird die Gastgeberschaft zur Profession. Mittlerweile besitzt er drei kleine Wohnungen in Wien und bietet diese online Touristen an.

Und immer mehr Wiener tun es ihm gleich. Momentan gibt es, so die offiziellen Zahlen aus Berlin, 1000 Airbnb-Unterkünfte in Wien, in ganz Österreich sind es 3500, ein Plus von 75 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Die Zahl der Gäste, die nach Österreich kommen und ihre Unterkunft über Airbnb buchen, sei binnen der vergangenen zwölf Monte um 250 Prozent gewachsen, die Zahl der Österreicher, die über Airbnb ihre Ferienunterkunft buchen, ebenfalls. 2012 lag der Zuwachs der Airbnb-Gäste in Österreich gar bei 466 Prozent.

Couchsurfen für Erwachsene

Und Airbnb ist nicht der einzige Anbieter: Bei Wimdu gibt es mehrere tausend Unterkünfte in Österreich, 9flats.com listet 668 Anbieter in Österreich, 483 davon in Wien. Die Bewegung, die mit Couchsurfen begann, ist mit diesen Plattformen quasi erwachsen geworden. Die Gastgeber vergeben entweder Zimmer in bewohnten Wohnungen, vermieten ihre Wohnung während eines Urlaubs oder kaufen eigens Wohnungen, um diese an Touristen zu vermieten. Der Charme: Mitwohnen statt Hotel, Familien- oder WG-Anschluss statt Zimmerservice, persönliche Ratschläge und Wien-Tipps statt Reiseführer. Das neue Teilen, die Share Economy, wie sie die Ökonomen nennen, die mit Carsharing begann, hat den Beherbergungsbetrieb erreicht.

Bei Wien-Tourismus hat man den Boom längst im Auge: „Es entspricht dem Trend ,live like a local‘, das ist bei uns noch relativ neu“, sagt Vera Schweder von Wien-Tourismus. Andere Städte, Berlin, London, die Trendstädte eben, seien da viel weiter.

Baumhaus oder Wasserschloss

Und das Spektrum der Angebote ist breit: International wirbt Airbnb mit Baumhäusern, mit Windmühlen oder Glockentürmen, in (und um) Wien reicht das Angebot vom Altbauzimmer in der Ottakringer-WG um 20 Euro pro Nacht über das Penthouse-Loft in der Rossau um 800 Euro bis zum Schloss Wasserburg nahe St. Pölten, das man via Airbnb um 2200 Euro pro Nacht mieten kann. Es sind nicht mehr Studenten, die WG-Zimmer untervermieten – die Anbieter werden professioneller. Gerade jene, die eigens Wohnungen kaufen, um diese weiterzuvermitteln, rufen Kritiker auf den Plan: Sie fordern klare Regeln, wie sie auch für Hoteliers gelten (siehe unten).

Schließlich etabliert sich das Mitwohnen und privat Einmieten vom Rucksacktouristenhobby zum Massenphänomen. Eine Entwicklung, von der auch Christian Seewald zu berichten weiß: Die Nachfrage steige, von Gästen aus allen Altersgruppen und Schichten. Zu 80 Prozent seien seine Wohnungen heute ausgelastet. Eine Zahl, von der heimische Hoteliers – die Auslastung liegt da statistisch bei rund einem Drittel – bloß träumen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.04.2014)

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