Kleines Glücksspiel: Herr Häupl fühlt sich missverstanden

´SAISONERöFFNUNG AN DER ALTEN DONAU´: HÄUPL / JANK
´SAISONERöFFNUNG AN DER ALTEN DONAU´: HÄUPL / JANK(c) APA/GEORG HOCHMUTH (GEORG HOCHMUTH)
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Der Bürgermeister wollte einem Zeitungsbericht zufolge das Verbot von Landesspielautomaten aufweichen. Am Mittwoch dementierte er: „Ein Missverständnis.“

Wien. Es dürfte das erste Mal in der Geschichte der Wiener Lokalpolitik gewesen sein, dass der traditionellen Saisoneröffnung an der Alten Donau so etwas wie politische Bedeutung zugekommen ist. Weniger freilich, weil der gestrige Fototermin mit Boot und Bürgermeister der letzte in der Amtszeit von Wirtschaftskammer-Präsidentin Brigitte Jank war – sondern, weil Michael Häupl (SPÖ) statt des erwarteten Feelgood-Termins Fragen zu einem unangenehmen Thema zu beantworten hatte.

Eineinhalb Jahre vor der nächsten Gemeinderatswahl hatte Häupl zuvor nämlich ohne Not eine Debatte vom Zaun gebrochen – oder ist, je nachdem, wem man glaubt, in sie hineingestolpert –, die sowohl den Frieden in der rot-grünen Koalition als auch jenen in der SPÖ in die Luft jagen könnte.

Die „Wiener Zeitung“ zitierte Häupl am Mittwoch mit dem Wunsch, das 2012 beschlossene Totalverbot des kleinen Glücksspiels ab 2015 aufzuweichen. Zwar sollten, wie geplant, die vielen einzelnen Automaten, die gegen eine Landesabgabe in Wien aufgestellt sind, verschwinden: An ihre Stelle sollten größere Spielsalons mit mehreren Automaten treten, deren Zugang besser zu kontrollieren wäre. Ein Modell, wie es etwa Niederösterreich vor Kurzem beschlossen hat. „Wenn ich die Ottakringer Straße hernehme, gibt es leider viele dieser kleinen Kabinen, das muss alles weg. Stattdessen kann es etwa ein Admiral (Novomatic-Tochter, Anm.) geben“, wird Häupl in der „Wiener Zeitung“ zitiert.

Damit würde sich Häupl gleich mehrfach aus Freunden Feinde machen: zum einen in der eigenen Partei, die auf ihrem Landesparteitag 2011 gegen den Willen der Parteiführung ein Totalverbot des kleinen Glücksspiels zur Parteilinie erklärt hat. „Es ist hoffentlich gesickert, dass revolutionäre Beschlüsse das eine sind, die reale Wirklichkeit das andere“, soll Häupl der „Wiener Zeitung“ gegenüber gesagt haben.

Hingegen vertreten auch die Grünen, Häupls Koalitionspartner, eine strikte Antiglücksspiellinie. Deren Klubobmann David Ellensohn hält fest, bei einer Aufweichung des Verbots würden die Grünen nicht mitmachen: Immerhin hätte der Bund für Wien drei Casinolizenzen statt bisher einer vergeben, wodurch insgesamt bis zu 1500 Glücksspielautomaten in Wien aufgestellt werden könnten.

Zeitung: „Aussagen auf Band“

Inzwischen will der Bürgermeister nichts mehr von der Kehrtwende wissen. Der „Presse“ ließ Häupl ausrichten, er und die „Wiener Zeitung“ hätten „offenbar aneinander vorbeigeredet“. Er habe über Jugendschutz bei jenen Automaten gesprochen, die vom Bund genehmigt würden. Die Parteitagsbeschlüsse würden umgesetzt, es werde keine Aufweichung geben.

Nun ist fraglich, ob Häupl wegen 55 Millionen Euro Einnahmen, die Wien bisher jährlich durch das kleine Glücksspiel verdient (weniger als 0,5 Prozent des Budgets), einen solchen Konflikt provozieren würde. Die „Wiener Zeitung“ bleibt aber bei ihrem Bericht; man habe Häupls Zitate auf Band.

Interessantes Detail: Jene Lösung, die Häupl angeblich ventiliert hat, ist nach „Presse“-Informationen schon seit geraumer Zeit Wunsch der SPÖ-Führung. Und auch Glücksspielkonzerne rechnen hinter vorgehaltener Hand damit, in Wien künftig auch weiterhin im Rahmen des kleinen Glücksspiels präsent sein zu dürfen.

Doch entsprechende Gespräche zwischen SPÖ und Grünen wurden abgebrochen, nachdem Letztere eine solche Lösung klar ausgeschlossen hatten. Die SPÖ kann ein entsprechendes Gesetz im Landtag nicht allein beschließen – und es mit einem anderen Partner als den Grünen durchzusetzen, wäre ein glatter Koalitionsbruch.

Was ist also wirklich passiert? Es könnte, wie Häupl jetzt behauptet, „ein Missverständnis“ gewesen sein. Oder aber es war ein – misslungener – Vorstoß, um abzutesten, ob eine abgeschwächte Form des kleinen Glücksspiels politisch durchsetzbar wäre. (stu/gr)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.05.2014)

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