Nach dem schweren Unfall auf der Mariahilfer Straße will die Gewerkschaft keine Busse mehr in der Begegnungszone, hunderte Strafen gegen Parksünder waren rechtswidrig.
Wien. Ein schwerer Unfall in der neuen, verkehrsberuhigten Begegnungszone am unteren Ende der Mariahilfer Straße. Am Montagmorgen fuhr ein Radfahrer von der Zweierlinie laut Wiener Linien viel zu schnell über die Mariahilfer Straße und ignorierte auf Höhe der Capistrangasse zusätzlich ein Stoppschild. In diesem Moment bog der 13A, der Vorfahrt hatte, aus der Capistrangasse in die Mariahilfer Straße ein. Der Fahrer leitete sofort eine Notbremsung ein, konnte die Kollision aber nicht mehr vermeiden – der Radfahrer krachte mit voller Wucht gegen den Bus.
Der 33-Jährige erlitt Verletzungen an Kopf und Schulter, befindet sich aber nicht in Lebensgefahr. Der Anprall war allerdings so heftig, dass die Windschutzscheibe des Busses zerstört wurde.
Für die Gewerkschaft der Wiener-Linien-Busfahrer kommt dieser schwere Unfall nicht überraschend: „Wir haben immer darauf hingewiesen, dass die Fahrt durch die Begegnungszone gefährlich ist“, erklärt Wiener-Linien-Gewerkschafter Michael Bauer der „Presse“: Die Busfahrer sollten aus Sicherheitsgründen dort nicht mehr durchfahren, appelliert er an die Verantwortlichen, die Route des 13A so schnell wie möglich zu ändern – es sei eben zu gefährlich. Der Begegnungszone selbst steht Bauer neutral gegenüber. Diese könne durchaus bestehen bleiben, meint der Gewerkschafter: Es gehe nur um eine neue, sichere Route, die Strecke des 13A müsse verlegt werden.
In Kürze soll die Unfallstelle jedenfalls entschärft werden. Bei der Einmündung des 13A in die Mariahilfer Straße wird nun eine Ampel errichtet.
Strafzettel verfassungswidrig
Die Mariahilfer Straße sorgt auch an einer völlig anderen Front für Diskussionen. Seit der Einführung der Begegnungszone erhielten kolportierte 2500 Autofahrer einen Strafzettel, hunderte wegen Falschparkens. Letztere wurden zu Unrecht bestraft, hat nun das Verwaltungsgericht Wien festgehalten.
Hintergrund: Ein Autofahrer hatte (wie gewohnt) sein Fahrzeug auf der Mariahilfer Straße abgestellt, konkret in der neuen Begegnungszone. Dafür hatte er eine Strafe in der Höhe von 88 Euro erhalten, weil dort laut Magistrat Parkverbot herrscht. Heinz-Dietmar Schimanko, Anwalt des Lenkers, hatte dagegen Einspruch erhoben. Denn Verkehrszeichen oder deutliche Bodenmarkierungen (mit denen neue Parkverbote anzuzeigen sind) gab es nicht, argumentierte Schimanko. Es hätte also keinen Hinweis gegeben, dass dort (zwischen Gürtel und Fußgängerzone) ein Parkverbot existiert.
Das Verwaltungsgericht Wien gab dem Kläger nun recht. „Es bestehen dort keine ausreichend kenntlich gemachten Bodenmarkierungen, sondern vielmehr nur Farbreste, die keine ausreichende Kenntlichkeit haben, die für Markierungen erforderlich wäre“, heißt es in dem Urteil, das der „Presse“ vorliegt. Maximal sei nur eine weiße Linie erkennbar gewesen, womit dieser Bereich rechtlich aber als Pkw-Abstellfläche gekennzeichnet ist, hält das Gericht fest. Selbst wenn eine gelbe Markierung dort zu sehen gewesen wäre, also ein Parkverbot, hätte sie der weißen Linie (Parkplatz) widersprochen, womit das Parkverbot nicht ordnungsgemäß kundgemacht worden sei. Fazit: Das Urteil ist rechtskräftig, der Autofahrer muss die Strafe nicht bezahlen – hunderte Autofahrer wurden allerdings ungerechtfertigt zur Kasse gebeten. Und sie bekommen ihr Geld nicht zurück. Mit der Bezahlung einer Strafe sei das rechtskräftig geworden, das Verfahren nochmals aufzurollen sei im Verwaltungsverfahren nicht möglich, so Schimanko, der kritisiert: Es fehle überhaupt eine gültige Verordnung, welche die Basis ist, um dort ein Parkverbot zu erlassen. Er spricht von „Dilettantismus der grünen Vizebürgermeisterin“.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.07.2014)