Landfriedensbruch? 29 Rapid-Fans vor Gericht

Die Fantribüne beim Freundschaftsspiel vergangenen Herbst. Nach dem Match kam es zu Ausschreitungen.
Die Fantribüne beim Freundschaftsspiel vergangenen Herbst. Nach dem Match kam es zu Ausschreitungen.GEPA pictures
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Die Männer hätten "aus blankem Hass gegen die Einsatzkräfte" gehandelt, so die Anklage. Für zwei Beschuldigte war der Prozess schnell zu Ende.

Der Strafbestand des Landfriedensbruchs sorgte nicht zuletzt rund um das am Dienstag zu Ende gegangene Verfahren gegen den deutschen Demonstranten Josef S. für Diskussionen. Einen Tag später hat Wien erneut ein spektakulärer Prozess begonnen, in dem es zum Teil um den umstrittenen Paragraphen geht: 29 Fans des österreichischen Fußball-Rekordmeisters Rapid Wien müssen sich wegen gewalttätiger Ausschreitungen nach einem Freundschaftsspiel ihrer Mannschaft gegen den 1. FC Nürnberg verantworten. In der Anklage ist von einer "einzigartigen und bisher noch nicht da gewesenen Aggressions- und Gewaltbereitschaft der Täter" die Rede. Die Verhandlung ist für acht Tage anberaumt. Urteile soll es am 1. August geben.

Für zwei Angeklagte - einen 20-jährigen Studenten und einen 32 Jahre alten Angestellten - war die Verhandlung nach vier Stunden schon wieder vorbei. Im Unterschied zu den übrigen 27 Männern hatten sie sich zu sämtlichen Anklagepunkten vollinhaltlich schuldig bekannt, weshalb sie nach ihrer Einvernahme und ohne ein weiteres Beweisverfahren verurteilt wurden. Sie fassten jeweils drei Monate bedingt sowie ein österreichweites Stadionverbot für die Dauer von sechs Monaten aus.

Die verbliebenen 27 Angeklagten stellten demgegenüber in Abrede, den vorgeworfenen Landfriedensbruch begangen zu haben. Während sie teilweise durchaus zugaben, die Polizisten mit Glasflaschen oder Heurigenbänken beworfen zu haben, beteuerten sie, sich nicht wissentlich zusammengerottet zu haben, um Straftaten zu setzen.

Tumultartige Szenen vor dem Stadion

Vor dem Hanappi-Stadion war es am 7. September 2013 zu tumultartigen Szenen gekommen, die - wie Staatsanwältin Stefanie Schön in ihrer Anklageschrift festhält - "offensichtlich aus blankem Hass gegen die Einsatzkräfte der Polizei bzw. 'Spaß an der Teilnahme von gewalttätigen Ausschreitungen'" stattfanden. 500 Anhänger beider Mannschaften sollen sich an den Gewalttätigkeiten beteiligt haben. 47 Rapid-Fans wurden am Ende ausgeforscht.

Einigen - darunter auch dem ehemaligen "Ultras"-Chef Oliver P., der sogar mehrere Wochen in U-Haft verbrachte - konnte im Zuge der Ermittlungen jedoch kein strafbares Verhalten nachgewiesen werden. Gegen 18 Verdächtige wurde daher das Verfahren zuletzt eingestellt. 29 Männer im Alter zwischen 20 und 43 Jahren - großteils Angehörige der Fan-Gruppen "Ultras" und "Lords" müssen nun auf die Anklagebank.

Da der Große Schwurgerichtssaal im Sommer wegen Renovierungsarbeiten gesperrt ist, wird aus Platzgründen in einem Lehrsaal des Wiener Oberlandesgerichts (OLG) im vierten Stock des Grauen Hauses verhandelt. Wie Gerichtssprecherin Christina Salzborn Mitte Juni verriet, hat dieser Saal einen nicht zu unterschätzenden Vorteil: Es gibt dort eine Klimaanlage.

Angeklagte teils keine Unbekannten

Ein beträchtlicher Teil der Angeklagten war bereits bei dem gewalttätigen Vorgehen von Rapid-Anhängern gegen Einsatzkräfte am Wiener Westbahnhof im Mai 2009 aufgefallen. Trotz rechtskräftiger Verurteilungen sollen sie sich neuerlich wissentlich an der Zusammenrottung einer Menschenmenge beteiligt haben, die darauf abzielte, Körperverletzungen oder schwere Sachbeschädigungen zu begehen.

Sämtlichen Angeklagten wird Landfriedensbruch vorgeworfen, viele von ihnen müssen sich zusätzlich wegen Körperverletzung, schwerer Sachbeschädigung und Widerstands gegen die Staatsgewalt verantworten, wobei es bei einigen beim Versuch geblieben sein soll.

Landfriedensbruch

Unter diesem antiquiert klingenden Titel stellt der Gesetzgeber im § 274 des Strafgesetzbuches die bloße Teilnahme „an einer Zusammenrottung einer Menschenmenge, die darauf abzielt, dass unter ihrem Einfluss“ schwere Gewalttaten begangen werden, unter Strafe (laut rechtswissenschaftlichen Kommentaren kann ab 100 Personen von einer Menschenmenge gesprochen werden). Zwei Merkmale müssen noch dazukommen, um Strafbarkeit herzustellen: Wer in der Menge mitläuft, muss wissen, was diese vorhat. Und: Nur wenn es auch tatsächlich zu Gewalttaten kommt, ist der Tatbestand erfüllt.

(APA/Red.)

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