Müssen wirklich die Steuerzahler für die Kosten – laut den Grünen eine Million Euro – des Räumungseinsatzes der Pizzeria Anarchia aufkommen? SPÖ und Grüne bezweifeln dies.
Wien. Die Wiener SPÖ hält es für denkbar, dass die Eigentümer des Wohnhauses Mühlfeldgasse 12, genannt: Pizzeria Anarchia, in Wien-Leopoldstadt für die Kosten des polizeilichen Räumungseinsatzes zur Kasse gebeten werden. „Wenn sie die Situation bewusst herbeigeführt haben, glaube ich schon, dass der Staat sich hier regressieren kann“, so der designierte SPÖ-Landesgeschäftsführer, Georg Niedermühlbichler.
Es sei zu klären, ob die Besitzer der Immobilie durch die Ansiedlung von Punks (diese sollten die noch in dem Haus wohnenden Mieter hinausekeln) damit hätten rechnen müssen, dass es früher oder später zu einer Räumung kommen würde. „Die Frage ist, ob hier fahrlässig, grob fahrlässig oder vorsätzlich gehandelt wurde“, also die Eigentümer die Räumung und damit einen Polizeieinsatz provoziert hätten, um das Haus leerzubekommen. Denn: „Wenn einer dieser drei Punkte zutrifft, dann glaube ich schon, dass Regressansprüche auch bei derzeitiger Gesetzeslage durchzusetzen sind.“ Damit widerspricht der Neo-Landesparteisekretär Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP), die am Dienstag gemeint hatte, dass es einer Gesetzesänderung bedürfe, um Geld zurückzuholen.
Indes haben auch die Grünen angekündigt, das nun viel diskutierte Thema Kosten im Rahmen einer parlamentarischen Anfrage an Innenministerin Johanna Mikl-Leitner aufzurollen. Auf seinem Blog schreibt Grünen-Mandatar Peter Pilz: „Rund eine Million hat der Pizza-Großeinsatz der Wiener Polizei gekostet. Die Innenministerin verzichtet auf das Geld. Warum? Die beiden Spekulanten haben schuldhaft oder zumindest grob fahrlässig gehandelt, als sie die Punks in ihr Haus einluden, um die Altmieter zu vertreiben.“ Und: „Die Polizei muss die gerichtliche Anordnung zur Räumung durchsetzen. Aber sie ist nicht verpflichtet, einem schuldhaft oder grob fahrlässig handelnden Hauseigentümer gratis die Drecksarbeit zu machen.“ Im Übrigen wird auch die Frage, wie viele Polizisten an dem Einsatz beteiligt waren, an Mikl-Leitner gestellt werden. Noch immer verweigert die Polizei hier eine klare Auskunft. Von ein paar hundert bis zu 1700 ist die Rede.
Letzter Mieter kann zurück
Als Konsequenz rücksichtsloser Spekulation mit Immobilien bezeichnet Arbeiterkammer-Präsident Rudolf Kaske die Vorkommnisse rund um die Räumung. Seit dem Jahr 2000 drehe sich das Preisringelspiel bei Wiener Zinshäusern. Unter der Spekulation von Investoren und Fonds litten die Mieter, „damit muss Schluss sein“. Grund für hohe Mieten seien „nicht funktionierende Mietenbegrenzungen und eine starke Nachfrage“. Daher fordert der AK-Chef eine Mietrechtsreform. Im Büro von Wohnbaustadtrat Michael Ludwig wurde indes bestätigt, dass die letzte verbliebene Mietpartei nach der Räumung der Pizzeria wieder in das Haus zurückkehren könne. Es bestehe ein aufrechtes Mietverhältnis. (red./APA)
("Die Presse", Print-Ausgabe, 31.07.2014)